Auf Pico waren wir ja bereits im vergangenen Jahr, damals allerdings nur kurz am Ende des Urlaubs. Und damit war das Thema „Pico“ irgendwie nicht so zufriedenstellend abgeschlossen. Deshalb legten wir in diesem Jahr nochmal vier Tage nach.
Nach der Übernahme eines Peugeot 207, der mal wieder erst nach endlosen Nervereien und Verzögerungen in unsere Hände gelangte – Autoverleih auf Pico? Totaler Mist! -, machten wir uns auf die Suche nach unserer Unterkunft. Und das war nicht einfach.
Im Verlaufe dieser Aktion trieb ich den Gatten praktisch in den Wahnsinn. Dazu muss man wissen, dass Calheta de Nesquim recht steile Straßen hat, die allerdings gegen die in „unserem“ Ortsteil Feteira Autobahnen waren. Alle Häuser liegen an extremen Gefällen. Die Straßen sind immer so eng, dass man (ich…) befürchten muss, irgendwo in einer Gasse hängen zu bleiben, aus der man sich mit einem schrottigen Peugeot 207 jedenfalls nicht mehr befreien kann.
Am Ende war es fast soweit, dass ich irgendwo im nirgendwo ausgesetzt worden wäre. Im Nachhinein betrachtet vielleicht sogar mit Recht…
Um das Elend nicht unnötig ausführlich in die Öffentlichkeit zu zerren, hier das Ergebnis: Wir fanden das Haus. Es war toll, hatte aber einen Parkplatz, den wir nur ungern befahren mochten. Wir parkten das Auto eine Straße weiter unten.
Nächste Empfindung: Hunger! Recherchen hatten ergeben, dass es im Hafen von Calheta de Nesquim ein kleines, einfaches Fischrestaurant geben sollte. Perfekt also eigentlich für geschwächte und genervte (Gatte) bzw. nervige (ich) Angereiste. Wir liefen steil bergab, fanden aber das Restaurant nicht. In der Bar an der Kirche erhielten wir dann die Auskunft, dass es seit einiger Zeit nicht mehr existiere. Na danke…
Wir marschierten also in Ermangelung irgendwelcher Alternativen wieder bergauf. Steil bergauf. Als wir wieder am Haus waren, bot ich an zu kochen. Der Gatte jedoch tat eine Alternative auf. Das „Ponta da Ilha“ in Manhenha. Klang alles ganz gut. Nix wie hin, bevor die Küche geschlossen hätte.
Das Essen sah gut aus, die Vorspeisen (Garnelen und Lapas) waren auch in Ordnung, mir schmeckte auch mein Hauptgang – gut… bei Atum grilhado kann man auch nicht viel falsch machen -, aber des Gatten Tintenfisch war mindestens zweimal getötet worden und zäh wie Leder. Nach zwei Dritteln strich er die Segel bzw. das Besteck. Auf Desserts verzichteten wir.
Am nächsten Morgen fanden wir, dass das eine gute Entscheidung gewesen war. Uns war nämlich schlecht. Die Serpentinenfahrt zu Pico und Lagoa de Capitão machte die Sache nicht besser. Wir waren irgendwie ziemlich platt. Beide. Das Essen? Keine Ahnung.
In der Hoffnung, frische Luft und eine Wanderung würden uns helfen, mit dieser kurzfristigen Schwäche fertig zu werden, machten wir uns auf den Weg. Die Wanderung war dann auch wirklich nett – immer den Pico im Blick – und ging am Ende über Kuhweiden (ohne Kuhhunde!) zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf São Jorge.
Richig fit waren wir anschließend zwar immer noch nicht, aber des Gatten Energie reichte aus, um im Hafen von Santo Amaro bei der Tauchbasis von „Cowfish“ vorbeizuschauen und einen Termin für zwei Tauchgänge zu vereinbaren. Pedro machte einen äußerst vertrauenswürdigen Eindruck. Ich würde ihm wohl „mein Ehgemahl“ anvertrauen können.
Beim Abendessen gingen wir auf Nummer Sicher und warfen den Gasherd an. Unterwegs hatten wir Tomaten besorgt, die außer der Sättigung auch dem Ausbau der schwestergemeinschaftlichen Tomatensamenbank zu Gute kommen sollten. Die waren aber auch wirklich überzeugend. Ab diesem Zeitpunkt standen praktisch immer irgendwelche Gläser mit eingeweichten oder Teller mit zum Trocknen ausgelegten Tomatensamen in der Gegend rum.
Am nächsten Morgen – wir wachten wie neugeboren auf – brachte ich den Gatten zur Tauchbasis und ließ mich anschließend auf einen Cafe in der Bar von Santo Amaro nieder. Dank der umgehängten Kamera kam ich sogleich mit dem Kaffeemann ins Gespräch. Sein hervorragendes Englisch und seine ausnehmende Freundlichkeit machten die Sache sehr einfach.
Am Ende zeigte er mir auf seinem Handy die Sonnenaufgänge der vergangenen Wochen und ich ihm auf meinem Kameradisplay die Pico-Fotos der letzten Tage. Ein netter Mensch!
Nachdem der Gatte nach Begegnungen mit Muränen, Barracudas und Thunfischen wieder aufgetaucht war, schauten wir uns die Südseite von Pico an. Die nette Windmühle war natürlich ein hervorragendes Fotomotiv: Moinho da Ponta Rasa. Sie hatte zwar eine Hausnummer, aber zum Bewohnen schien sie ein wenig zu klein zu sein. Die Azoraner hätten vermutlich wieder ein viel zu kurzes Bett darin platziert…
Nach einem kurzen Zwischenstopp an der bereits im vergangenen Jahr besuchten Badestelle in Terra do Pão, an deren Kaffeebar sich an diesem Tag allerdings zahlreiche Azoraner zum Après Kirchgang mit aufgebrezelten Kindern im Schlepptau und Sagres in der Hand verabredet zu haben schienen.
Wir fuhren weiter nach Porto do Calhão und stellten das Auto ab. Hier schien gerade ein Fest im Gange zu sein. Musik aus Lautsprechern, Superbock vom Fass für 1,00 € pro Plastikbecher und gutgelaunte Menschen in strahlendem Sonnenschein empfingen uns.
Wir legten die Rucksäcke ab, organisierten uns ein Bier und setzten uns auf die Kaimauer. Toll! Wir organisierten uns noch ein Bier. Immer noch toll! Hier hätte man wirklich in diesem Moment festwachsen mögen.
Da wir uns aber die Adegas anschauen wollten, kam das natürlich nicht in Frage. Gutgelaunt marschierten wir anschließend durchs UNESCO-Weltkulturerbe Zona das Adegas do Pico. Hier kam also der regionale Wein her.
Wirkt jetzt etwas seltsam für jemanden, der deutsche Weinberge gewohnt ist, aber „des g’hört so“. Lavatrockenmauern und dazwischen Wein. Nix angebunden und gepflegt. Keine ordentlichen Rebstockreihen. Und doch ist das Ergebnis durchaus trinkbar.
Am Auto tobte noch immer die Feststimmung. Wir tranken jeweils noch einen Plastikbecher Superbock und hatten das Gefühl, dass das ein echt gelungener Tag war. Schön!
Eigentlich wollten wir nun etwas essen, und eigentlich hatten wir dafür auch bereits ein Restaurant auserkoren. Wir machten uns also auf den Weg nach Prainha do Norte. Kurz nach uns traf dort ein schwäbisches Ehepaar ein, das ebenfalls auf einen Tisch wartete. Sie wurden zuerst gefragt – und bekamen den letzten Tisch im ausgebuchten Restaurant. Shit!
Sauärgerlich… Ich war ziemlich angefressen. Wir verließen das Restaurant – nicht, ohne dass ich den Schwaben einen tödlichen Blick zugeworfen hätte – und marschierten frustriert zum Auto. Hinter uns her rannten die Schwaben und die Bedienung, um uns dazu zu überreden, aus dem deutschen Zweier- einen deutschen Vierertisch zu machen. Ooooch nööö. Ich war irgendwie zu angenervt.
Wir entschieden kurzerhand, das Abendessen ins „Estrela do Mar“ in der Nähe von Piedade zu verlegen, in dem wir bereits im vergangenen Jahr ordentlich gegessen hatten. Der Tag endete mit einem herrlichen Sonnenuntergang hinter der Badestelle und leckerem Essen. Der Thunfisch mit Knoblauchbrot (oben) zum Beispiel war einfach, aber einfach gut.
Am nächsten Morgen war der Gatte wieder mit Pedro in der Tauchbasis verabredet, Zwei weitere Tauchgänge standen an. Ich machte es mir mit einem Buch auf der Terrasse gemütlich. Natürlich nicht, ohne vorher bei meinem neuen Freund einen Cafe getrunken zu haben. So könnten alle Tage beginnen!
Beim Gatten-Einsammeln gab es wieder einen Cafe. Und ein Problem. Meine portugiesische Handykarte wollte nämlich nicht mehr so, wie ich wollte. Ich fragte den netten Kaffeemann nach dem nächsten Vodafoneshop und wir begaben uns nach Lajes.
Das Problem war letztendlich, dass Vodafone wieder Geld von mir wollte. Nun denn. Ich zahlte halt. Man gönnt sich ja sonst nix…
Und da der Vodafoneshop im Einkaufszentrum war, erstanden wir gleich Zutaten fürs Abendessen und kochten zu Hause. Bei dieser Gelegenheit schuf ich ein köstliches, neues Gericht aus Fejão Frade, Tomaten, Paprika und Piripiri. Dazu gab es Brot. Langte völlig.
Der folgende Tag war praktisch der einzige des gesamten Urlaubs mit nicht hervorragendem Wetter. Morgens regnete es. Grmpf! Wir saßen auf der Terrasse und beschäftigten uns still. Oder wie das so heißt…
Mittags wurde es besser und wir brachen zu einer Wanderung rund um Calheta de Nesquim auf.
Schön war’s. Weiden, Felder, Gärten und ein malerisch gelegener Friedhof mit Meerblick… Und anschließend kehrten wir an der Badestelle in Calheta ein. Und das wurde definitiv unsere Lieblingsbadestelle auf den Azoren. Die Bedienung in der Bar war ausnehmend freundlich, der Cafe göttlich, das Sagres kostete 0,80 €, Meerblick, Ruhe. Schööön.
Nach der Rückkehr ins Haus gab es aufgewärmte Reste vom Vorabend mit wie gewohnt nicht sehr knusprigem Brot. Egal. Wir hatten noch Koffer zu packen. Am folgenden Morgen stand wieder mal ein Inselwechsel bevor.
Und wir hatten einen genialen, aber für einige Leser vielleicht auch schockierenden Plan. Achtung! Cliffhanger! Morgen mehr!