Das wirklich einzige Problem mit der nächsten Insel ist ein Doppelkonsonantenproblem. Aber immerhin keins, mit dem man nicht leben könnte. Bereits im Vorfeld stolperte ich immer wieder über zwei unterschiedliche Schreibweisen des Namens der Insel: Alonnisos und Alonissos. Sehr verwirrend. Und auf der Insel selbst besserte sich das auch nicht. Beide Schreibweisen existieren parallel. Es wird mal so und mal so geschrieben. Ich lege mich dann hier einfach auch mal nicht fest. Für die Überschrift habe ich die Schreibweise aus der offiziellen Website der Insel genutzt. Und den Slogan geklaut. Schamlos. Ich weiß.
Alonnisos oder Alonissos – Hauptsache Sporaden!
Interessante Fakten über Alonissos: Die Nordseite der Insel ist Naturschutzgebiet. Ich zitiere mal Wikipedia: „Die Strände der Insel bestehen überwiegend aus grobem Kies und sind zumeist nur zu Fuß, mit einem Moped oder einem Boot zu erreichen. Das Ökosystem des Meeres an der Nordseite der Insel befindet sich in einem sehr guten Zustand. Vermutlich ist hier deswegen das seltenste Säugetier Europas, die Mönchsrobbe (Monachus monachus), heimisch. Um sie und andere Tiere zu schützen, wurde 1992 der Nationale Meerespark Alonnisos eröffnet.“ Der Gatte war mit dem Tauchboot dort, sah allerdings keine Robben. Sie scheinen sich nicht sehr gerne zu zeigen, aber einen ordentlichen Appetit zu haben. Relativ fischarme Gegend, da wo die Robben leben. Am letzten Tag machte ich in meiner Verzweiflung ein Foto der allgegenwärtigen Plüschrobben in einem Andenkenladen.
Die Fährüberfahrt erlaubte uns schon mal einen Blick auf zwei Häfen von Skopelos, unserem nächsten Ziel, und verlief störungsfrei auf dem schattigen Oberdeck. Die Übernahme des Leihwagens, eines fast neuen Fiat Panda, dagegen gestaltete sich recht abenteuerlich. Während der Gatte sich um dieses Thema kümmerte, saß ich auf drei Koffern und zwei Taschen am Hafen im Schatten und schwitzte. Ich merkte nicht mal, dass er zwischendurch winkend auf einem Quad an mir vorbei chauffiert wurde, um das Auto zu holen.
Steni Vala – 104 Einwohner, ein Hafen und jede Menge Restaurants
Da wir zu früh für den Einzug in unsere neue Unterkunft dran waren, beschlossen wir, erstmal in den Hafen von Steni Vala zu fahren, wo sich die Tauchbasis des Gatten befand. Und eine Reihe von Möglichkeiten, einen Frappé zu ergattern. Wir entschieden uns spontan für das Café Ikaros. Was das Peter Café Sport für Horta auf den Azoren ist, ist offensichtlich das Café Ikaros für Steni Vala und die Sporaden. Die Segleranlaufstelle Nummer eins. Der Frappé war jedenfalls ausgezeichnet, Steni Vala insgesamt sehr vielversprechend, was nicht unwichtig war, da es unsere nächstgelegene Anlaufstelle für Abendessen sein würde.
Anschließend ging es weiter zu „unserem“ Haus in Isometa oberhalb von Steni Vala. Ein unglaublich nettes, älteres griechisches Ehepaar begrüßte uns und zeigte uns das Haus. Es gab Wasser und eine Flasche Wein im Kühlschrank. Es gab Feigen und Pfirsiche aus dem eigenen Garten, und ein traditionelles Gebäck aus Alonissos, mit dem ich mich bei Gelegenheit noch intensiver beschäftigen werde. Es gab Katzen und Katzenbabies. Wir zogen ein, saßen anschließend auf der wunderbaren, schattigen Terrasse mit Blick in die Bucht. Ein Traum! Ich hätte es dort problemlos die nächsten Jahre aushalten können.
Alalunga, Kolokithokeftédes & „Jámas!“
Natürlich hätte ich irgendwann Hunger bekommen. So auch an diesem Abend. Wir visierten erstmal Steni Vala als Ziel an. Es gibt dort mehrere solide Fischrestaurants. Wir entschieden uns für das To Fanari. Und es passierte praktisch das gleiche wie im Marmita: Es war kein Tisch frei. Als wir gerade gehen wollten, wurden wir zurück gerufen. Es gab doch einen! Einen Super-Tisch auf der Terrasse im ersten Stock direkt vorne am Meer. Lief für uns!
Von Alonissos stammt der Alalunga Thunfisch, eine kleinere Thunfischart, die andernorts auch unter dem Namen Albacore bekannt ist. Der Fisch ist von ausgezeichneter Qualität. Auf der Insel wird er geräuchert gegessen, und ist wirklich eine Delikatesse. Jeder einzelne der etwa 2.700 Einwohner von Alonissos ist außerordentlich stolz auf die inseleigene Spezialität. Wir hatten ihn als Vorspeise zusammen mit Kolokithokeftédes (Zucchini Fritters), die ich bereits vor Jahren nach dem Kykladenurlaub nachgebastelt habe.
Auf Alonissos waren sie etwas anders geformt, aber genauso gelungen. Wir gönnten uns noch frittierte Tintenfischringe (ich) und Thunfischpasta (Gatte). Das Essen war traditionell und unglaublich gut. Wir saßen noch lange mit Blick in den Hafen an unserem Tisch. Ein perfekter erster Abend!
Agios Dimitrios: Amphoren, Seeigel & absolut klares Wasser
Morgens tauchte der Gatte in die Geschichte ab. Tief in die Geschichte. Peristera Shipwreck: „The Classical Shipwreck at Alonnisos is a shipwreck of the Classical Greek period that sunk near the islet Peristera at a depth of 30 m. Its cargo of 3.000-4.000 amphoras made it the largest transport ship yet known of its period when excavation began in 1992. […] In addition to amphoras, the ship transported many valuable items including black-glazed cups, plates and bronze tableware.
In 1985 a Greek fisherman discovered a large Classical shipwreck and declared it to the Greek Department of Maritime Antiquities. The wreck was marked by thousands of amphorae forming a mound 25 m by 12 m and clearly indicating the shape of the ship. The upper layer was jumbled, but the lower layer appeared relatively undisturbed. […] Three of the amphorae were recovered for examination and they dated to the last quarter of the 5th c BC, and were identified as wine amphorae from Mende and Skopelos.“
Ich saß währenddessen mit den Katzen auf der Terrasse und schaffte es, dass beide Babykatzen irgendwann zu mir auf die Bank sprangen. Das war praktisch mein komplettes Vormittagsprogramm. Sehr entschleunigend.
Und am Nachmittag wurde es noch entspannter. Es ging nämlich zum Schnorcheln an den Agios Dimitrios Beach. Und die Sicht unter Wasser war super.
Ich traf sogar auf ein paar kleinere Fische und auf massenhaft Seeigel. Der komplette Boden in der Bucht war bedeckt mit ihnen. Mit den Flossen an den Füßen nicht weiter schlimm, aber prinzipiell natürlich schon ein Grund, etwas vorsichtig zu sein.
Den Abend verbrachten wir einmal mehr mit Brot, Käse, Oliven und Wein auf der Terrasse.
Kokkinokastro: roter Sandstein und ein sehr hübscher Strand
Am nächsten Tag ging es zum Kokkinokastro Beach. Das ist der hübsche rote Strand, den man von weitem von unserer Terrrasse aus sehen konnte (Foto ganz oben im Hintergrund), und der uns bereits am ersten Tag von den Vermietern wärmstens empfohlen worden war. Ein herrlicher Strand. Und ebenfalls nicht überfüllt oder mit Gastronomie und Leihliegestühlen vollgestopft. Das fiel uns übrigens während der gesamten Reise sehr angenehm auf: Es gab wirklich viel Platz, an dem man einfach so sein Handtuch irgendwo ausbreiten und sich niederlassen konnte. Und das taten auch die Bewohner von Alonissos. Am Wochenende mit Großfamilien, unter der Woche mal in der sehr langen Mittagspause.
Abends ging es auf einen zweiten Versuch ins To Fanari. Diesmal verlief der Abend allerdings deutlich unerfreulicher als beim ersten Besuch. Der Gatte hatte mittags bereits reserviert. Als wir eintrafen, musste der etwas verwirrte Kellner feststellen, dass an dem Tisch, den er für uns reserviert hatte, bereits zwei andere Personen saßen: zwei kettenrauchende Segler.
Am Tisch daneben saß ebenfalls eine Reihe von aufgeblasenen Segel-Griechen, die sich benahmen, als ob sie zusammen mit der Hummer-Pasta gleich das ganze Restaurant gekauft hätten. Herrenmenschen sozusagen. Es wurde herumgeschrieen, Essen auf dem kompletten Tisch verteilt, Müll unter den Tisch geworfen. Es gipfelte darin, dass einer der Herren eine Drohne zum Einsatz brachte, die während des Essens über uns kreiste.
Der Tisch, an den wir schließlich gesetzt wurden, stand dann auch noch mitten im Durchgang ins Restaurant, sodass ständig jemand an uns vorbeischrubbelte oder uns im Vorbeigehen seine Handtasche ins Genick drückte. Der Gatte war deutlich genervter als ich. Im Nachhinein völlig zu Recht. Als wir bezahlten, machte er seiner Verärgerung Luft. Das passiert eher selten. Wir sind üblicherweise mehr so die „Ach, komm… Ist dann halt so…“-Gäste. Am Ende reservierten wir einen Tisch für den letzten Abend, nachdem die sehr nette Kellnerin, mit der wir sprachen, uns einen Tisch etwas abseits zusagte. Das Essen war trotz allem ausgesprochen gut. Und wir lassen uns doch nicht von einer Horde Idioten mit überbordendem Standesdünkel vertreiben. Pffff…
Tzortzi Gialos: Kies, Sand, Seegras – in dieser Reihenfolge
Am nächsten Morgen tauchte der Taucher unserer kleinen, sympathischen Reisegruppe nochmal zu den Amphoren ab. Es gibt von diesen beiden Tauchgängen auch Videos, für die ich allerdings noch kein geeignetes Bearbeitungsprogramm gefunden habe. Ich arbeite daran. Und reiche dann eventuell noch etwas nach.
Als er zurückkehrte, fuhren wir gemeinsam zum Tzortzi Gialos Strand.
Abermals ein hübsch flacher Strand mit Einstieg über Kies, dafür aber eine tolle Sicht unter Wasser – wenn man erstmal mit schmerzverzerrtem Gesicht über die ersten Meter gestolpert war. Unter Wasser schloss sich an den Kies ein perfekt weißer Sandstrand an. Die Fische hielten sich etwas weiter draußen im Seegras auf.
Was dann noch folgte, war der letzte Abend auf Alonissos. Abermals im To Fanari. An einem hübschen ruhigen Tisch in der Ecke direkt an der Seafront. Und mit köstlichem geräuchertem Thunfisch und marinierten Anchovies, mit Garnelen-Saganaki (das es diesmal auch aufs Bild schaffte), mit einem Grouper in Zitronensauce und zuletzt mit zwei Stückchen Dessert aufs Haus: Lemonopita.
Auf dem Heimweg überlegten wir zum wiederholten Male, ob wir nicht doch das Grundstück mit den Olivenbäumen am Weg nach Isometa kaufen und die Mobiltelefone wegwerfen sollten. Wir taten es nicht. Nach der ersten Arbeitswoche bleibt nur die Frage: Warum eigentlich nicht?!
Alonnisos Chora: das Schönste zum Schluss
Und dann kam der Abschied vom ruhigen und freundlichen Alonissos, das wir wirklich sehr mochten. Wir verabschiedeten uns von unserem netten, griechischen Nachbarn und machten uns auf den Weg zur Autovermietung. Dort konnten wir unser Gepäck bis zur Ankunft der Fähre deponieren. Zeit genug für einen Ausflug in die alte Hauptstadt der Insel, die Chora auf dem Berg. Wir nahmen ein Taxi und verabredeten mit der Taxifahrerin gleich wieder eine Abholzeit. Uns dann ging es bei strahlendem Sonnenschein durch die engen und steilen Gässchen der nach dem Erdbeben vom 9. März 1965 liebevoll restaurierten Steinhäuschen.
Was nun folgt? Griechischer Fotomotiv-Overload!
Zur ehemaligen Hauptstadt der Insel sagt Wikipedia: „Alonnisos wurde am 9. März 1965 von einem schweren Erdbeben mit der Stärke von 6,3 auf der Richter-Skala erschüttert: das Erdbeben kostete zwei Menschenleben, 85 % der Häuser wurden zerstört. Die Häuser im gleichnamigen Hauptort, auch Chora genannt, wurden stark beschädigt. Lediglich die dicken Häuserwände des festungsartig angelegten Dorfes blieben größtenteils stehen, die meisten Dächer stürzten aber ein. Viele Einwohner bauten ihre Häuser nicht wieder auf, sondern zogen um in den Hafenort Patitiri, der sich seitdem zum Verwaltungs- und Einkaufszentrum der Insel entwickelt hat.“
Ganz so scheint es nicht gewesen zu sein. Der Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag schreibt dazu: „Wäre die Chora ‚völlig zerstört‘ worden, wie bis heute vielfach behauptet wird, hätte es wahrscheinlich weit über 100 Tote geben müssen. […] Das Problem lag vor allem darin, dass zahlreiche Zisternen undicht geworden waren, ausliefen und die Bewohner sprichwörtlich auf dem Trockenen saßen. Die hölzernen Dachstühle der Häuser rotteten dann langsam vor sich hin und erst sehr viel später stürzten die Dächer ein.“
Die Bewohner zogen jedenfalls nach dem Erdbeben nach Patitiri. Die alten Häuser wurden an Festlandgriechen und Ausländer, vor allem Deutsche und Engländer, verkauft, die sie restaurierten. Heute ist der Ort fast zu schön, um wahr zu sein. Und als wir dort waren, war es zudem absolut leer. Der Ort ist autofrei, steil und schattig.
Wir kehrten am Ende noch auf Wein, Bier und einen traditionellen Alonissos-Cheese Pie im Hayiáti ein. Um die Erfindung dieses Käsegebäcks streiten sich Alonissos und Skopelos offensichtlich. Wir wollten ihn unbedingt probieren, bevor wir die Insel verlassen würden.
Wir genossen den Besuch sehr: angenehme Atmosphäre, toller Blick und ausgesprochen freundlicher Service. Man hätte bleiben können, wenn man nicht eine Verabredung mit einer Taxifahrerin gehabt hätte.
Dann folgte, was folgen musste: Taxifahrt zur Autovermietung, Gepäck einsammeln und zum Hafen rollen, bei brütender Hitze in einem völlig überfüllten Warteraum (bei Sichtung der Fähre rannten alle los, deshalb ist das Foto rechts unten fast menschenleer) neben leeren Bierkästen rumstehen – und ab auf die Fähre. Bereits auf der Fähre vermisste ich Alonissos. Für mich war es die ruhigste und netteste der Inseln.
Garnelen Saganaki: Urlaub zum Nachkochen
Ich war ja letzte Woche abends bereits fleißig und habe einiges nachgekocht, das wir unterwegs gegessen hatten. Und zu Alonissos spendiere ich mal das Garnelen-Saganaki aus dem To Fanari. Wir hatten es im Urlaub zweimal und es war wirklich zum Reinlegen gut. Da wurde auch der letzte Saucenrest noch mit Brot aufgetunkt.
Zutaten
- 600 g Garnelen bestenfalls mit Kopf und Schale
- Olivenöl zum Anbraten
- 330 ml Tomatenpolpa aus der Dose
- 400 ml Cocktailtomaten ebenfalls aus der Dose – ansonsten frische
- 100 ml Metaxa 7 Sterne… Natürlich! 😉
- 2 Stück rote Spitzpaprika fein gewürfelt
- 2 Stück Zwiebeln fein gewürfelt
- 2 Zehen Knoblauch gerieben
- 180 g Feta zerbröselt
- frische Petersilie fein gehackt
- Rosmarin getrocknet oder frisch
- Salz & Pfeffer
Anleitung
- Garnelen entdarmen und schälen. Kopf und letztes Schwanzglied dran lassen – den Kopf für den Geschmack und das Schwänzchen zum Anfassen.
- Olivenöl erhitzen und Garnelen darin von beiden Seiten anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen und mit Metaxa ablöschen.
- Garnelen aus der Pfanne nehmen. Sud in der Pfanne belassen.
- Zwiebel, Knoblauch und Paprika in kleinen Würfelchen darin anschwitzen. Eventuell etwas Olivenöl zugeben.
- Tomatenpolpa und Kirschtomaten zugeben und ebenfalls mit anschwitzen.
- Gehackte Kräuter zugeben und etwas einköcheln lassen.
- Anschließend in eine Auflaufform geben und die Garnelen darauf verteilen. Großzügig pfeffern.
- Zerbröselten Feta über den Garnelen verteilen. Eventuell noch etwas Rosmarin darüber streuen.
- Für etwa zehn Minuten bei 200 Grad Unter-/Oberhitze in den Ofen schieben.
Bei uns gab’s Pitabrot und Kartoffelspalten aus dem Ofen dazu. Und angerichtet ist auf dem Olivenholzbrettchen aus Alonissos Chora und in der Schüssel aus Steni Vala. Hach, Alonissos!