Das wird hier jetzt so ein Übergangspost, um nach zwei Wochen wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Nach dem Gozo-Urlaub war ich einen Tag zu Hause, bevor ich gleich wieder los musste, um mich den Abgründen des Arbeitsrechts zu widmen. Das langte gerade, um die nötigsten Klamotten zu waschen und zu trocknen und pünktlich montags in Limburg in einen ICE nach Düsseldorf zu steigen.
Die Hinfahrt verlief super. Nur zehn Minuten Verspätung und ein Sitzplatz und WLAN! Da steht man die knappe Stunde locker durch. Meine erste Inaugenscheinnahme des Limburger ICE-Bahnhofs sorgte übrigens für allerlei Belustigung. Mit Abstand einer der totesten Orte dieser Republik. Sorry. Übles, unauffällig aus der Hüfte geschossenes Handyfoto…
In Düsseldorf angekommen schaffte ich es gerade noch, den Koffer ins Zimmer zu schieben und umgehend durch gerade noch pünktliches Erscheinen zu glänzen. Puh!
Zum Inhalt der Woche nur soviel: anstrengend, aber erkenntnisreich. Das Drumherum verdient allerdings einige Bemerkungen.
Fangen wir mit dem Hotel an. Das NH Hotel in Derendorf. Die Zimmer waren super, aber das Essen… Es taten sich Abgründe auf. Und das fanden alle – also auch deutlich weniger verwöhnte Menschen als ich. Das war übelste Kantine. Lieblos, geschmacklos und abscheulich. Ich spare mir weitere Details. Allerdings brachte es eine Erkenntnis: Man kann einen Tag auch nur mit Spiegelei und Studentenfutter durchstehen. Und mit Altbier.
Prinzipiell – also rein weltanschauungsmäßig – bin ich ja eher Gesinnungskölner als Gesinnungsdüsseldorfer. Aber ich muss zugeben – und das ist Punkt zwei -, dass Düsseldorf eigentlich sehr schön ist. Allerdings ist die Wiesbaden-Mainz-Analogie augenfällig. Der Düsseldofer an sich hält sich schon für deutlich metropoliger als der Kölner. Da vergleicht man sich schon gerne mal mit New York oder Paris.
Sei’s drum. Wiesbaden wäre auch super – ohne Wiesbadener. Kleiner Scherz…
Die einzigen Fotos, die diese Bezeichnung verdienen, habe ich bei der abendlichen Stadtführung mit anschließendem Altgenuss gemacht. Ich lade einfach mal wahllos ein paar hoch.
Eine Schwäche hatte ich allerdings für die „Schlüssel“-Fassade: „Iss, was gar ist – trink, was klar ist – sag, was wahr ist“ hat schon was.
Wir landeten am Ende in der „Kürzer“-Brauerei – und gönnten uns das ein oder andere Alt. Empfehlenswert.
Und während wir tagsüber unseren degenerierten Gehirnen das letzte abverlangten, waren die Abende wirklich entspannend. Jedenfalls NACH dem Hotel-Abendessen…
Am letzten Abend kehrten wir im „Schwan“ am Rheinufer ein. Das war gutbürgerlich, aber das war gekocht. Gekocht – im Gegensatz zu mikrowellenerwärmt, zusammengekippt und dilettantisch verpfuscht. Das Schnitzel war nicht mal aus Formfleisch! Ein deutlicher Unterschied zur Hotelküche. Und nach dem Killepitsch war die Verdauung ein Kinderspiel. Sehr gute Bratkartoffeln übrigens!
Am Abreisetag morgens wurde es dann schwierig. Und damit kommen wir zu Punkt drei der Erkenntnisse, die ich aus dieser Woche gewonnen habe. Und an dieser Stelle half dann auch kein Killepitsch mehr. Hier kam die Deutsche Bahn ins Spiel.
Dass ein ICE auf offener Strecke in Flammen aufgeht, ist eine Sache. Dass das ausgerechnet an einem Freitag auf meiner Heimreisestrecke passiert, ist eine andere.
Als wir morgens davon erfuhren, hatte die Hälfte der Anwesenden ein kleines Problem damit. Ich schaute in den „DB Navigator“ – nix! Das änderte sich auch nicht im Laufe des Vormittags. Irgendwer brachte schließlich den „DB Streckenagent“ ins Spiel. Der war zumindest relativ aktuell. Ich hatte allerdings keinerlei Ahnung, was aus meinem Ticket werden würde.
Ich sollte eigentlich um 14:16 Uhr in Limburg Süd eintreffen. Da die komplette Strecke zwischen Köln und Frankfurt mittlerweile gesperrt war, wurde das sehr sehr unwahrscheinlich. Am Ende war mir alles egal. Ich nahm eine S-Bahn von Derendorf nach Düsseldorf Hauptbahnhof. Dort war der Infoschalter derartig belagert, dass an ein Umbuchen nicht zu denken war.
Ich überlegte, wie ich mich Limburg am besten nähern konnte. Es ging ein IC an der Rheinschiene entlang, den ich in Koblenz verlassen und gegen eine Regionalbahn nach Limburg tauschen konnte. Dann den Bus nach Limburg Süd. Klang einigermaßen machbar. Ich stieg ein.
Der Zug war logischweise voll, weil ein paar mehr Leute als nur ich mein Problem teilten. Und er hatte eine halbe Stunde Verspätung wegen „Vandalismus“ – was auch immer das bedeuten mochte. Ich stand mit zwei Rucksäcken und einem Rolltrolly im Gang. Egal. Hauptsache weg!
Ich versuchte, bei einer Zugbegleiterin mein Ticket umzubuchen, aber die hörte sich mein Problem nur an und winkte dann ab. „Fahren Sie einfach mit. Ist egal.“ Gut dann. Ich linste auf ihr Schildchen und merkte mir ihren Namen. Nur für den Fall der Fälle.
Der Zug setzte sich in Bewegung. Und zwar exakt bis nach Köln. Dann kam eine Durchsage, dass er überfüllt sei – ach?! – und nicht weiterfahren könne – na, toll!. Man bat einige Reisende, den Zug zu verlassen. Daran orientierte sich natürlich exakt niemand. Die Zugbegleiter begannen, hektisch den Zug auf seiner gesamten Länge abzulaufen. Dazu mussten sie natürlich ihren geschützten Raum verlassen. Pech! Der Mensch, der sich in unsere Richtung bewegte, war offensichtlich mittlerweile etwas… angespannt…
Er schwitzte stark und wurde zunehmend dünnhäutiger. Er erteilte sinnlose Anweisungen. Und schließlich rastete er etwas weiter hinten aus und trat Koffer durch den Gang, die da nichts zu suchen hatten. Und dann warf er Jacken hinterher. Nun denn. Der Zug fuhr irgendwann tatsächlich wieder los.
In Koblenz überlegte ich kurz auszusteigen, beschloss dann aber, bis Mainz weiterzufahren. Sischä is‘ sischä! Der Gatte versprach, mich am Mainzer Hauptbahnhof einzusammeln. Wer will schon nach Limburg?! Als ich ankam, stand er gerade auf der Schiersteiner Brücke im Stau. Wenn’s läuft, dann läuft’s! Als wir zu Hause waren, war es nach 17 Uhr.
Und ich muss unbedingt noch einmal anmerken, dass das Zugbegleitergeschäft auch kein leichtes ist. So vielen kompletten Idioten auf dermaßen engem Raum war ich schon lange nicht mehr ausgesetzt. Es gab unterwegs Junggesellenabschiede, einen Kegelclub o.ä. aus älteren Personen, die ununterbrochen Trinkspiele mit „Kroko Doc“ (das musste ich jetzt googlen) veranstalteten, was dazu führte, dass entweder ein Plastikkrokodilkopf oder ein Eimer mit Berentzen-Fläschchen durch den Wagen wanderte. Es gab eine junge Person, die sauwichtige Dinge für deutsche Botschaften in Wasweißichwo ausarbeitete und ständig dazu noch sauwichtigere Telefonate führen musste. Es gab einen komplett emotionslosen Asiaten, der neben mir stehend in einem Comicheftchen blätterte und ununterbrochen sicher extrem giftige Darmgase absonderte, bis ich den Platz wechseln musste. Es war erschütternd. Und es war für mich kein Killepitsch weit und breit in Sicht.
Selten war ich so froh, einen Ort verlassen zu können. Ich wünschte dem Zug voller Irrer eine gute Weiterreise nach Frankfurt.
Und als wir endlich zu Hause waren, teilte ich meinen Kollegen und Kolleginnen mit, dass ich nicht in der mentalen Verfassung sei, am Folgetag um 10:30 Uhr zum Marktfrühstück in Mainz anzutreten. Man bearbeitete mich unauffällig. Und ich gehorchte. Ich traf zwar etwa zehn Minuten später und dann auch noch am falschen Ort ein, aber ich stand bereit. Ich meine – wer denkt bei „Müller“ schon an die Drogerie?! Ich stand am Kaffeestand der Bodenheimer Rösterei.
Wir fanden uns. Und wir verbrachten einen ausgezeichneten Vormittag. Vom Kaffee zu Weck, Worscht und schließlich Woi. Von Müller zu Harth zu den Mainzer Winzern. Dazu ein Wetter, dass man nur aus tiefster Seele „Der Herrgott muss en Meenzer soi!“ seufzen konnte. Und das Mitte Oktober! Ei, herrlisch!
Am Ende landeten wir am Rhein. Da war es genauso schön, aber etwas ruhiger. Ich wiederhole mich: Ei, herrlisch!
Abends kam ich dann endlich nach zwei Wochen dazu, etwas aus dem Garten ins Haus zu schleppen. Auberginen, Tomaten, Paprika. Daraus wurde mal wieder Imam Bayıldı – dazu Kartoffeln und Halloumi. Ein Essen! Ein richtiges Essen!
Und nachdem ich jetzt endlich wieder in der Gegenwart angedockt bin, kann ich beruhigt in den Garten gehen und noch mehr ins Haus schleppen. Zum Beispiel für heute Abend.