Ich glaube kaum, dass ich heute irgend etwas schreiben sollte. Es ist einfach zu kalt. Immer, wenn ich von draußen ins Warme komme, habe ich eine halbe Stunde lang Kopfschmerzen, weil da offensichtlich irgend etwas in meinem Kopf festgefroren ist, das erst langsam wieder auftauen muss und dabei weh tut. Das kann doch nicht gesund sein, oder?
Auf den hessischen Landtagswahlplakaten, mit denen ich bei meinen derzeit recht häufigen Grenzübertritten permanent konfrontiert werde, scheinen die Gesichter der Kandidaten ebenfalls irgendwie erfroren zu sein.
In der Landeshauptstadt grinst die Supernanny der CDU mich frostig, aber überaus erziehungsfreudig an. Hieß die nicht neulich auf RTL noch Katharina Saalfrank und nicht Astrid Wallmann? Ich bin verwirrt.
Was mich ebenfalls verwirrt, ist die Tatsache, dass vor drei oder vier Tagen anscheinend in einer großangelegten Nacht-und-Nebel-Aktion ganz Hessen flächendeckend be-schäfer-gümbelt wurde. Waren die Plakate vor den überraschend positiv ausgefallenen Sympathieumfragen bereits gedruckt – bloß dass niemand wagte, sie aufzuhängen? Oder war das mehr eine kurzfristige „Die-Wähler-mögen-den-ja!-Dann-lasst-uns-aber-flott-doch-noch-den-Schäfer-Gümbel-nachschieben“-Aktion?
Die Linke hat ein wenig sehr text- und symbollastige Plakätchen gebastelt. Ich glaube kaum, dass die im Vorbeifahren irgendwer versteht. Schon gar kein Hesse… *harhar*
Auf den FDP-Postern gibt es ein gockelig-schockgefrostetes Jörg-Uwe-Hahn-Grinsen. Überhaupt: Jörg-Uwe! Ein Vorname, wie für Schäfer-Gümbel gemacht. Was wäre DAS für ein Kandidat gewesen?! Jörg-Uwe Schäfer-Gümbel! Ganz groß… Nicht auszudenken, wenn der dann noch mit Frau Müller-Klepper von der CDU aus dem Rheingau-Taunus-Kreis eine Ehe-Koalition eingehen würde.
Apropos Namen: Süß auch, wie die Grünen in Ffm Frau Sorge ins Rennen schicken – und die CDU mit Herrn Milde von Darmstadt aus in herrlichster Metaphorik dagegen hält.
Die größten und schönsten Plakate zeigen aber natürlich den herrlichen hessischen Landesvater, wie er süffisant grinsend, aber wortlos zu sagen scheint: „Diesmal brauche ich kein Programm und keine Inhalte. Das langt auch so. Ätschi-kalätschi!“ Stattdessen steht da allerdings etwas von Kompetenz und Klarheit. Und „Zeiten wie diesen“.
Seltsam übrigens, dass die vor gar nicht allzu langer Zeit noch minütlichen Übergriffe von kriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf brave deutsche Rentner in öffentlichen Verkehrsmitteln schlagartig aufgehört haben. Wie das?!
Gelte ich eigentlich in ein paar Wochen auch als Zuwanderin mit Migrationshintergrund? Und muss Max dann seine knapp bemessene Freizeit bis zu den Zähnen bewaffnet und zu allen Schandtaten bereit in S-Bahnen und Bussen verbringen? Was ist mit dem Hessisch-Test für Zuwanderer? Genügen Grundkenntnisse wie „Frau Werrdin, en Bembel!“ oder ein paar „Familie-Hesselbach“-Zitate? Oder muss man etwa Sabrina Setlur länger als zehn Minuten ertragen können?
Rolli Koch sieht jedenfalls nicht aus, als ob er es uns übertrieben einfach machen wolle. Darüber kann auch das pseudo-joviale Grinsen auf den Wahlkampfplakaten mich nicht hinwegtäuschen.