Na also. Da haben sie ihn wieder erwischt. Tyler Hamilton beendet seine Radsport-„Karriere“ nach einem positiven Test auf ein Steroid mit dem hübschen Namen Dehydroepiandrosteron, das er natürlich ausschließlich gegen seine Depressionen und nicht etwa zur Leistungssteigerung eingenommen hatte. „But, I was going through a very rough moment and I was desperate. I heard about it and I thought I would try it out as an act of desperation.“ (Zitat www.cyclingnews.com).
Klar… Bei Depressionen würde ich mir als Leistungssportler auch auf gut Glück etwas nicht Verschreibungspflichtiges irgendwo besorgen und hoffen, dass es hilft. In einem solchen Fall muss es selbstverständlich die erste sinnvolle Maßnahme sein, das vom Arzt verschriebene Präparat abzusetzen, und sich umgehend irgendwelchen dubiosen Kram, von dem man mal irgendwo gehört hat, einzuwerfen. Da hat er wirklich mein vollstes Verständnis, der gute Tyler…
„I didn’t want it to end like this, but life throws curve balls and I am trying to see the reason why this is happening.“ Ja, dieses verdammte hinterhältige Leben – da serviert es dem armen Mann einen fiesen Wurf, mit dem er nicht rechnen konnte. Sowas Gemeines aber auch! Abgesehen davon, dass die überdurchschnittlich häufig unter Leistungssportlern auftretenden Depressionserkrankungen größtenteils das Produkt jahrelangen Medikamentenmißbrauchs sein dürften. Aber die Nebenwirkungen und Folgeschäden lassen sich ja prima ausblenden, wenn es um Geld und Ruhm geht.
Und den Fans sind Kollateralschäden am „Sportler“ ja ohnehin egal, solange die blöden Gladiatorenspielchen – und um etwas anderes handelt es sich ja beim Leistungssport nicht mehr – noch im TV übertragen werden, und man die Langeweile des eigenen Lebens damit so prima verdrängen kann.
Die heutige Überschrift ist natürlich nicht ernst gemeint. Ich wollte nur ein wenig bei Tylers Baseball-Metapher bleiben und auf gar keinen Fall „Shoeless“ Joe Jackson posthum beleidigen, indem ich die Vergehen der beiden nebeneinander stelle. Nicht mal bildlich. Hamilton jammert wegen des grausamen Lebens, dass ihm unverdienterweise Curve Balls wirft. Joe würde sagen: „When I was up there at the plate, my purpose was to get on base anyway I could, whether by hitting or by getting hit.“
Aber, was soll’s?! Wieder einer weniger.
Dafür gab es heute am Bau ein Problem mehr. O.k. – ich könnte auch schreiben, dass uns unser Holzbauer einen fiesen Changeup geworfen hat, mit dem wir nicht rechnen konnen, aber verlassen wir mal kurz die Ballpark-Metaphorik. Als wir am Haus ankamen überraschte uns gleich Lubor mit der Mitteilung, dass es mit der Decke im großen Bad ein Problem gebe. Sie hing an einer Stelle auf Höhe der Dusche etwas durch. Auf zwei Metern ergab sich eine Differenz von etwa Gipskartondicke. An sich nicht weiter tragisch, hätten wir nicht das Bad auf der kompletten Höhe, die ja an dieser Stelle sowieso nur zwei Meter beträgt, fliesen wollen.
Laut Lubor hätten wir zwei Möglichkeiten. Wir könnten die Decke abhängen und damit begradigen. Letztendlich würden wir dadurch aber wieder wertvolle Raumhöhe an der niedrigsten Stelle verlieren. Also eigentlich keine echte Möglichkeit. Als Alternative käme nur in Frage, den Raum nicht bis zur Decke zu fliesen, sondern ein Stück unterhalb – etwa auf Höhe der Vorbauwand / Unterkante Fenster – aufzuhören. Dann fällt die Unebenheit halt nicht auf.
Ein Telefonat mit Tom dem Bauleiter ergab, dass er uns einen zufällig in der Nähe befindlichen Kollegen innerhalb der nächsten Stunde vorbeischicken würde. Als Cleanup Hitter war dieser Bush-League Player (Ooops! Sorry!) jedoch völlig ungeeignet. Er begutachtete die Sache und drohte uns, dass er, falls wir dieses durchaus geschmackvolle und interessante architektonische Detail weiterhin als „Baumangel“ bezeichnen sollten, nochmals zum Vermessen erscheinen würde und sicher sei, dass alles der DIN entspräche. Und da hätten wir dann ja gar nichts davon, wir ahnungslosen Dorfdeppen ohne Gefühl für die Hohe Schule der Holzbaukunst. So könne er uns immerhin anbieten, sich an den Rückgabegebühren für die zuviel bestellten Fliesen zu beteiligen.
Von der Idee, alles wieder abzureißen und neu abzuhängen, war er selbst nicht so recht begeistert. Macht zuviel Arbeit. Und wir wollten die Decke ja sicher nicht noch niedriger haben. Und außerdem sollen wir gefälligst nicht so hoch fliesen, da das sowieso nicht mehr zeitgemäß sei. Allgemein gesehen vermittelte er uns den Eindruck, dass wir Glück gehabt hätten, dass er überhaupt nachgeschaut habe, dass wir dämliche, inkompetente Trottel seien, und dass wir die Decke ja im Prinzip bereits durch die GK-Beplankung einer Bauabnahme unterzogen hätten.
Er hinterließ uns fassungslos. Aber nur kurz. Dann war nur noch ich fassungslos und der Bauherr stinksauer. Lubor und sein Kollege lachten sich über seine Aussagen noch stundenlang tot.
Arbeiten konnten wir eigentlich auch nicht, da im OG noch die Schleifarbeiten in vollem Gange waren, und wir die Grundierung nicht durch Unmengen von Staub total verderben wollten. Ein rundum erfolgreicher Tag also. Zum krönenden Abschluss saßen wir auf einem Supermarkt-Parkplatz im Auto, aßen Frikadellenbrötchen und sangen „Das Lied der Schlümpfe“. Aber das waren sicher nur die bösen Zwillinge in uns, die sich versuchen Bahn zu brechen. Nicht wahr, Tyler?