Der Mainzer Keller ist leer. Ziemlich ätzend, seit teilweise mehr als zehn Jahren dort befindliche Dinge ans Tageslicht zu befördern. Dazu muss man sagen: Der Keller ist echt richtig widerlich und ein guter Grund, nie wieder einen Keller haben zu wollen.
Feucht, muffig, voller Spinnweben und lebensgefährlicher Elektroinstallationen. Nach Räumung entdeckten wir, dass sich eine Wand im hinteren Teil blasenartig vorgewölbt hatte und stellenweise aufgeplatzt und zerbröselt war. Im Nachhinein war es vielleicht die letzte Möglichkeit, dieser Nachkriegsbauhölle lebend zu entkommen. Puh! Nochmal Glück gehabt!
Ein Blick in meine alte Wohnung zwecks Ablesen der Zählerstände für Wasser und Gas ergab, dass der Nachmieter nicht faul gewesen war. Und dass die Vermieterin großzügigerweise einen Satz neuer Steckdosen und Schalter spendiert hatte. Gut… Die alten hatten auch prinzipiell seit Jahren ausgedient und flehten bei jedem Betätigen um die Gnade der Erlösung.
Nachdem der Keller ausgeräumt und sein gesamter Inhalt auf die Straße befördert worden war, ging pünktlich zum Feierabend ein Gewitter mit Wolkenguss nieder, das die gröbsten Spinnweben und den Staub von Jahren abwusch. Lustigstes Fundstück des Tages: ein sehr, sehr alter Kasten „Hösl“ Weizenbier, den ich – wie ich mich nach einigen verzweifelten „Ich bin doch nicht blöd!“-Überlegungen entsann – bereits von den Kellervorbesitzern übernommen hatte. Er stand damals schon unter dem Einbauregal und störte nicht sonderlich. Also ließ ich ihn einfach stehen. Und da hatte er nun all die Jahre verbracht. Einsam. Im Dunkeln. Bei den Spinnen.
Es gab allerlei lustige Sprüche von „Stell‘ ihn doch an den Hauptbahnhof. Mal sehen, wie lange er da steht!“ bis „So ein Weizenbier… Das wird durch Lagerung ja auch besser. Lass‘ es noch ein wenig reifen und trink‘ es dann zu einem besonderen Anlass!“ machten die Runde. Was ich übrigens vergaß zu erwähnen: Das Verfallsdatum auf den Flaschen war der 09.02.1995! Na, wenn das mal kein edler Tropfen war!
Ansonsten wurden wir von den üblichen Nachbarn bei unserem Tun observiert. Der Bauherr knurrte ein ums andere Mal „Blockwarte! Idioten!“ vor sich hin. Sie ließen sich jedoch dadurch keineswegs von ihren Fensterplätzen vertreiben. Nun ja… Wer’s mag…
Jetzt sind jedenfalls meine letzten Mainzer Spuren beseitigt. Bis auf die Tatsache, dass ich den Kellerschlüssel vergessen hatte, und diesen deshalb morgen noch vorbeibringen muss. Aber das lässt sich verschmerzen. Und dann war es das. Ach, du goldisches Meenz am Rhoi! Ich werde dich vermissen – deine Keller jedoch nicht. Weck und Worscht schon – aber nicht dein Weizenbier.