„Am Aschermittwoch…

… ist alles vorbei,
Die Schwüre von Treue, sie brechen entzwei,
Von all deinen Küssen, darf ich nichts mehr wissen,
Wie schön es auch sei, dann ist alles vorbei.“

Immerhin hat mich der Aschermittwoch (bzw. eigentlich Heike) heute in die Laufschuhe getrieben und durch den Volkspark gescheucht. Die Wege waren einigermaßen geräumt, und das einzige, das den Laufgenuss trübte, war meine unterirdische Form.

Aber wo soll sie auch so plötzlich herkommen? Das hat jetzt natürlich ein Ende. Fastenzeit bedeutet in diesem Jahr: Süßkram = „Bäh!“ und Laufschuhe = „Juhuuuu!“ Bis Ostern sollte ich dann wieder einigermaßen auf Trab gekommen sein. Zumindest, wenn die guten Vorsätze in die Tat umgesetzt werden. Zugegebenermaßen der Haken an der Sache.

Andererseits weiß ich ja, wie erhebend es sein kann, nach den ersten Nahtodesläufchen den zu erwischen, bei dem es plötzlich wieder richtig Spass macht. Und meistens geht das ja auch recht flott. Kein Grund zur Panik also.

Auch kein wirklicher Grund zur Panik, aber eine Frechheit ist der Brief, der eben im Kasten lag. Von meiner Krankenkasse. Wegen des „Zusatzbeitrags“ von 8,- € monatlich. Übrigens rückwirkend zum 01.01.2010. Prima! Da sind gleich mal 24,- € am 15.03. fällig.

Man bittet um Erteilung einer Einzugsermächtigung. Am besten gleich für den gesamten Jahresbeitrag von 96,- €, der in diesem Fall absolut generös um 2% ermäßigt wird und sich „nur noch“ auf 94,08 € beläuft. Wahnsinn! Da würde mich mal interessieren, was mit den Zinsen passiert, die die Krankenkasse ein Jahr lang auf die Einmalzahlungen ihrer sparfreudigen Mitglieder erhält.

Die laut ihrer Website „starke Solidargemeinschaft“ umfasst ca. 50.000 Mitglieder. Angenommen alle 50.000 würden morgen die 94,08 € einziehen lassen, hätten die Jungs auf einen Schlag gut 4,7 Mio. € in der Tasche. Ich möchte nicht wissen, wer damit dann im internationalen Finanzkasino an die Spieltische darf…

Was mich an dem ganzen Mist am meisten ärgert, ist die Tatsache, dass man offensichtlich eine echt tolle Möglichkeit gefunden hat, die Krankenkassenbeiträge zu erhöhen, ohne die Arbeitgeber zu belasten. Meine Krankenkasse meint dazu:

„Die Politik entzog sich dieser Verantwortung und hinterlässt den Krankenkassen ein Finanzierungsdefizit von mehr als 3,5 Milliarden Euro, das nun mit Zusatzbeiträgen der Versicherten ausgeglichen werden muss.“

Wieso eigentlich?! Der Versuch, die Versicherten dabei für dumm zu verkaufen ist ja wirklich aller Ehren wert, macht aber die Fehler in der Logik des überaus raffinierten Satzgefüges irgendwie auch nicht besser. Im Gegenteil.

Das Übelste an der ganzen Sache ist jedoch für mich persönlich der Stil, in dem das von zwei Vorständen unterzeichnete Begleitschreiben verfasst ist. Selten mischten sich Dummdreistigkeit, Formulierungsunfähigkeit und Frechheit auf so überaus zierliche Art und Weise. Mein Lieblingssatz, der mich jetzt noch schaudern lässt, lautet:

„Es macht wenig Sinn, über den Sinn oder den Unsinn der Erhebung von Zusatzbeiträgen zu philosophieren.“

Nette Mischung aus „Maul halten und zahlen!“ und sprachlicher Fehlleistung. Der Satz machte letztlich das Maß voll.

Krankenkassenwechsel! Wenn ich mich schon finanziell ausbluten lasse, dann zumindest nicht von derart plumpen und dümmlichen Schächtern.

Netter Nebeneffekt: Bei einer Sonderkündigung innerhalb der kommenden vier Wochen wird kein Zusatzbeitrag rückwirkend und bis zum Kündigungstermin (zwei Monate zum Monatsende) fällig. Und die neue Krankenkasse erhebt derzeit noch keinen. Ein Aderlass wäre also frühestens zum 01.05. möglich, was bedeutet, dass ich bis dahin immerhin 32,- € einspare.

Das macht nach aktueller Währung im Anschluss an den heutigen Einkauf knapp sechseinhalb Packungen getrocknete Steinpilze (à 4,99 €) – eine ausreichende Menge für ca. 13 Steinpilzsüppchen nach dem Rezept von Antonio Carluccio (laut Weihnachtsgeschenk meiner Lieblingskollegin: Kochbuch „Pasta & Opera“). Und ich denke, davon haben hier alle wesentlich mehr.

Tja, Krankenkasse…

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei,
Die Schwüre von Treue, sie brechen entzwei…“

4 Kommentare

  1. Zitat: „Angenommen alle 50.000 würden morgen die 94,08 € einziehen lassen, hätten die Jungs auf einen Schlag gut 4,7 Mio. € in der Tasche. Ich möchte nicht wissen, wer damit dann im internationalen
    Finanzkasino an die Spieltische darf…“

    Sprich doch einfach mal mit dem Risikomanager deines Vertrauens darüber…

    1. genau. ich lade ihn am besten auf ein glas wein ein, damit er dann hinterher so tolle sachen wie das hier der nachwelt hinterlassen kann:
      „Pomerol von 1972
      Den hatten Flax und ich unserem Steuerberater 2002 zu dessen 30sten Geburtstag geschenkt. Was soll ich sagen. Der Wein war gewöhnungsbedürftig, der Duft sehr streng, fast ein wenig nach Dung. Der
      Geschmack war interessant, mein Fall war es jedoch nicht. Zum Absacken hatten wir dann einen Rioja von 2003, der lief einfach durch, ohne einen großen Eindruck zu hinterlassen.
      Später hatten wir zur Vorspeise einen Riesling von Müllen (Mosel), Kröver Steffensberg 1997, exzellenter Tropfen (habe leider nur noch wenige Flaschen), zum Hauptgang einen Brunello 1998 von meinem
      Hoflieferanten“

      😀

  2. Der „Risikomanager deines Vertrauens“, wer soll das sein? Etwa der natural born cheater? 😀

    Scheinbar kann ich mich bei meiner Krankenkasse glücklich schätzen. Ich bekäme bei jährlicher Abbuchung glatte 3 € geschenkt, fast eine Ocke mehr als Flax. Wieviel wäre das in Steinpilzen?

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