Schade, dass der Titel „Unwort des Jahres“ gerade erst vergeben wurde. Ich hätte einen heißen Kandidaten ins Rennen zu werfen: Dublettenabgleich. Ein mir bislang völlig fremdes Wort, das sich heute im Text einer Mail vor mir aufbaute.
Und das kam so: Vorletzte Woche fragte mich eine Kollegin, ob ich demnächst vorhabe, etwas bei einem bekannten Internetversender für Bücher (besonders Restposten und „Mängelexemplare“) zu bestellen. Sie habe da nämlich ein paar Sachen auf ihrer Liste… und man könne sich doch dann das Porto teilen…
Ich sah nach. ob ich wohl etwas gebrauchen könne und fand einen schönen Bildband über Fotografie zum Spottpreis. Es schlossen sich noch zwei Kolleginnen an, sodass wir kurz darauf eine stattliche Bestellung auf den Weg brachten.
Als zwei Tage später die Versandmitteilung unserer Bestellung in meinem elektronischen Postfach landete, loggte ich mich gleich mal in mein Kundenkonto ein, um nachzuschauen, wann mit der Lieferung zu rechnen sei. Seltsamerweise fand sich neben der bereits erwähnten Bestellung eine weitere, einen Tag ältere Order unter meiner Kundennummer. Sie enthielt vier Bücher, deren Titel mir absolut nichts sagten. Die hatte ich definitiv nicht bestellt.
Da mir aber bislang weder Rechnung, noch Versandmitteilung zugegangen waren, sah ich dem Verlauf der Dinge relativ entspannt entgegen. Das entsprechende Päckchen befand sich bereits in der Auslieferung und landete einen Tag später in einer Packstation. In meinem Fach jedenfalls nicht, da mir keinerlei Benachrichtigung zuging.
Unser Paket traf ein, die Kolleginnen blätterten im beiliegenden Prospekt – und fanden schon wieder bestellwürdiges Material. Ich schloss mich mit einem auf EUR 3,08 reduzierten Gedichtband-Schuber an und wir jagten die nächste Bestellung raus. Das unbekannte Päckchen war noch nicht abgeholt worden. Einen Tag später jammerte eine weitere Kollegin, dass sie gar nicht mitbekommen hätte, dass wir bestellt hätten. Sie hätte auch etwas haben wollen…
Da bis Ende des Monats keine Versandkosten anfallen, meinte ich, wir könnten ja einfach noch eine Bestellung auslösen. Kein Problem, zumal ich zufällig auf einen Paul-Auster-Roman stieß, den ich nicht kannte. Mitbestellt. Ab dafür!
Bei der Gelegenheit überprüfte ich gleich mal den Versandstatus des vermeintlichen „Fremdpäckchens“ zwischen den mittlerweile gehäuften Bestellungen in meinem Kundenkonto. Es war zugestellt! Und als Empfänger stand da jetzt auch ein Name: der des Bauherrn! Wie das?!
Nein, er hatte mein Konto nicht gehackt. Er hatte nur einfach eine Bestellung ohne Kundenkonto ausgelöst, die offensichtlich nun meinem Konto zugeordnet worden war. Im Prinzip ja kein Problem, aber gleichzeitig hatte er dabei einen weiteren Zugang zu diesem mit zweiter Mailadresse und eigenem Passwort erstellt. Mmmmhhh…
Ich konnte ihn kurz darauf beruhigen, nachdem ein Blick in meine Bestellungen ihn etwas aus der Fassung geraten ließ. Ihm stand nämlich nicht bevor, sich an den kommenden langen Winterabenden mit mir alle 34 CDs einer Hörbuchausgabe von „Vom Winde verweht“ anzuhören. Und ich hatte auch nicht vor, ihn mit der „Sauerbruch – Das war mein Leben“-DVD zu foltern. Die historischen Romane und die Mozart-Biografie waren auch nicht als Geschenk für ihn bestimmt. Ebenso wenig wie einige Design-Bücher und „Die größten Schelme der Welt“ in drei Bänden. Das waren alles Artikel, die meine Kolleginnen geordert hatten.
Nach überstandener Fast-Ehekrise stand mir der Sinn allerdings nach Klärung. Immerhin fand sich auf der Website des Anbieters ein markiger Satz zum Datenschutz und eine Mailadresse für diesbezügliche Fragen. Und die hatte ich ja nun.
Heute nun traf die Antwort ein: „… um unseren Kunden nicht bei jeder neuen Bestellung ohne Kundennummer eine neue Kundennummer zuzuweisen, führen wir zum Ermitteln der fehlenden Kundennummer einen sogenannten Dublettenabgleich durch.“ Prima! Hübsches Wort. Reimt sich auf Kroketten, Kastagnetten und Motetten.
Dem Rest der Mail entnahm ich, dass dies nur hatte passieren können, weil mein Vorname und der des Bauherren mit dem gleichen Buchstaben beginnen und wir eine identische Adresse angegeben hatten. So einfach ist das also! Prinzipiell könnte also in größeren Wohnblocks Christoph Müller aus dem 12. Stock links auf Rechnung der alten Frau Müller aus dem Erdgeschoss, deren Vorname rein zufällig Cosima ist, lustig Bestellungen auslösen.
Rechnungsadresse ist in allen Fällen der Inhaber der Kundennummer – bei Flaxens also ich, und im Hochhaus die arme, alte Frau Müller! Unglaublich. Beruhigend: Man arbeitet bereits an einer Lösung. Beunruhigend: Bis zu dieser Lösung „wird es noch einige Zeit dauern“.
Die Mail schließt mit dem sicher versöhnlich gemeinten Satz: „Es tut uns natürlich sehr leid, wenn die Verwendung Ihrer Kundennummer zu Verwirrungen geführt hat.“ Ich war für Sekunden versucht, – zugegebenermaßen aus reiner, tiefempfundener Bosheit – mit einem kurzen und knackigen „Verwirrungen?! Sind Sie wahnsinnig?! Jetzt hat mein Mann wegen des Hörbuchs und der DVD bereits die Scheidung eingereicht!!!“ zu antworten, ließ es aber dann doch.
Dublettenabgleich… Pfffffffff…