Sonntag. Unser letzter Tag. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es gleich wieder ab in die Metro. Nachdem der Koffer wieder am Gare de l’Est in der Gepäckaufbewahrung deponiert war, ging es weiter. Erstes Tagesziel war der Père Lachaise. Über Stalingrad. Damit man auf dem riesigen Gelände auch den Toten seiner Wahl findet, hat die Stadtverwaltung freundlicherweise einen Plan erstellt. Alternativ kann man auch einfach herumlaufen und zu den Stellen gehen, an denen sich geführte Reisegruppen versammeln.
Das hilft natürlich nur bei den A-Promis wie Oscar Wilde oder Jim Morrison. Oscar Wilde hat übrigens das erschreckendste Grab auf dem gesamten Friedhof. Der komplette Grabstein ist bedeckt von Lippenstift – und ich glaube nicht, dass das Herrn Wilde wirklich gefallen würde -, um das Grab herum liegen Hunderte von Fahrkarten mit Widmungen. Falls er also mal nach Stalingrad möchte – eine Fahrkarte hätte er schon mal.
Dagegen sieht es bei Jim Morrison direkt gepflegt aus. Ob er sich das zu Lebzeiten so vorgestellt hat? Ich bezweifle es. Ich bezweifle auch, dass Gilbert Becaud gerne auf dem kleinen blauen Flügel spielen würde, den man ihm freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Für Gertrude Stein scheint sich hingegen niemand zu interessieren. Ähnlich ergeht es Honoré de Balzac und Eugène Delacroix.
Bekannte vom Vortag trafen wir auch: Théodore Géricault, der ziemlich entspannt auf seinem Grab herumlag.
Bei Edith Piaf standen immerhin Blümchen. Etwas länger dauerte es, bis der Bauherr das Grab von Jean François Lyotard gefunden hatte. Schlicht und geschmackvoll. Und es bot ein sehr schönes Fotomotiv.
Nachdem wir genug vom Almauftrieb des Promi-Leichen-Tourismus‘ hatten, beschlossen wir, als Kontrastprogramm zuerst einen Abstecher in den Parc de la Villette zu machen. Über Stalingrad. Optisches Highlight ist definitiv das Kino „La Géode“. Wir spazierten etwas über das sehr weitläufige Gelände, als Musik an unsere Ohren drang. Der Bauherr überlegte. Und überlegte. Und meinte dann, ob das nicht vielleicht Abu Dhabi Irgendwas oder so sein könne. Da ich nicht die geringste Ahnung von Jazz, dafür aber ein gutes Teleobjektiv habe, ließ sich die Sache zwar nicht durch Wissen, aber durch Zoomen lösen. Ja. Es war Rabih Abu Khalil. Der Bauherr war begeistert. Leider war ihm nur der Soundcheck vergönnt. Das Konzert begann erst später, wenn wir bereits auf dem Heimweg sein würden.
Nachdem Hugo seit Freitag deshalb nervte, fuhren wir anschließend noch zum Montmatre. Über Stalingrad. Bevor es tatsächlich Richtung Moulin Rouge ging, erklommen wir allerdings gemeinsam mit wahren Touristenmassen – der Bauherr konstatierte völlig richtig, Montmatre sei offensichtlich das Rüdesheim Frankreichs – den Hügel zur Basilika Sacré-Cœur. Rein in die Kirche, während des Gottesdienstes mit Hunderten von Touristen einmal durchgequetscht, keine Kerze für 10 Euro entzündet und nix wie raus! Schade, dass man diesen Ort nicht einmal in einem ruhigen Moment anschauen kann. Würde sich sicher lohnen, ist aber offensichtlich völlig unrealistisch.
Anschließend machten wir uns dann auf den Weg zum Bahnhof. Moment! Es reichte natürlich noch für einen kurzen Zwischenstopp beim Moulin Rouge, das allerdings sehr zu Hugos Leidwesen noch geschlossen hatte. Dank perfekten Zeitmanagements erreichten wir pünktlich unseren Zug. Natürlich waren wir wieder über Stalingrad gefahren. Und dann noch über Mannheim. Aber das ist wohl kein großer Unterschied.