Der Chef überraschte mich gestern kurzfristig mit einem italienischen Kochkurs in Ingelheim. Wie ich hörte, hat sich da im Vorfeld jemand um den Job als Begleitperson gedrückt. Dabei war es wirklich lustig. Tine, du hast was verpasst!
Zum Beispiel die Schürze mit dem Aufdruck rechts. Und am Ende kochten alle – bis auf Lili, die unermüdlich abräumte, spülte, wischelte und für Getränkenachschub sorgte.
Nach der Begrüßung durch Mimmo Nicoli – also etwa zehn Minuten nach unserem Eintreffen um 10 Uhr – waren wir alle per Du und hatten jeweils ein Glas Prosecco in der Hand. Lief doch schon mal gut. Zumindest für uns.
Für die Tiere – gottlob bereits alle nicht mehr lebendig -, die uns in den nächsten Stunden begegneten, lief es weniger gut. Besonders die Goldbrassen wären sicher hemmungslos in Tränen ausgebrochen, wenn sie unser Geschnitze und Geschnippel hätten mitansehen müssen.
Wir durften uns sozusagen ungestraft an ihnen austoben. Essen musste sie spät abends das Personal. Gästen konnte man unser Geschnitze wohl nicht zumuten.
Falls ich also in nächster Zeit irgendwo einer Goldbrasse begegne, weiß ich immerhin, wo ich das Messer ansetzen muss, wenn sie vorher freundlicherweise jemand getötet und ausgenommen hat.
Ebenfalls im Rahmen der Vorbereitungen folgte das Parieren der Ochsenbäckchen für unseren Hauptgang und das Zerlegen der Stubenküken.
Was wie Streichelzoo klingt, ist kein Dutzi-Dutzi-Tierchen, sondern einfach ein noch nicht ganz ausgewachsenes Huhn. Wir haben keine fluffigen, gelben Federbälle tranchiert. Ehrlich! Niemals! Nein nein nein…
Und außerdem wollten sie das so. Sie hatten sich bereits ordentlich nebeneinander aufgereiht, damit wir sie uns schnappen konnten. Wir lernten, was die Brust vom Suprème unterscheidet, und zerlegten sie ordnungsgemäß. Die Schenkel landeten mit Zitronenschale und Wurzelgemüse im Schmortopf. Die Brüste mussten warten, bis sie kurz vor dem Anrichten angebraten wurden.
Heraus kam eine herrliche Vorspeise, für die wir allerdings noch grünen Spargel (leider etwas zu früh für den Ingelheimer…) schnippeln und Wachteleier pochieren mussten.
Zum Pochieren der Wachteleier: Das war wirklich simpel. Ich hatte bisher Wachteleier stets „Sunny side up“ als Spiegelei benutzt. Ab sofort wird sich das ändern. Allerdings ist das eher eine Last-minute-Sache. Ich mag es, wenn die Dinger noch warm auf dem Teller landen.
Nach dem Aufschlagen (klingt nett, isses aber nicht…) kamen die Eierchen jeweils zu dritt in Förmchen. Das vereinfachte die weitere Verarbeitung enorm. In das kochende Wasser wurde mit dem Schneebesen ein Wirbel geschlagen und die Eier dann zügig seitlich in den Topf gegeben.
Sechs bis neun Eigelb pro Wirbel sollten funktionieren. Kurz ziehen lassen, mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser nehmen und in kaltem Wasser abschrecken. Hinterher alles entfernen, dass nach eingeweichtem Papiertaschentuch aussieht.
Fertig ist das hübsch pochierte Wachtelei. Das Pochieren von Eiern hat mich bislang immer etwas in Angst und Schrecken versetzt. Das ist jetzt vorbei. Schon dafür ein zaghaftes „Mission accomplished, cooking class!“.
Und während die Ochsenbäckchen so vor sich hinschmorten, schnitzten wir ihre Beilagen. Das Schnitzen hieß Tournieren, fühlte sich aber wie Schnitzen an. Einige unschuldige Zucchini mussten die Prozedur über sich ergeben lassen. Sie sahen am Ende – mehr oder weniger – nach Blättern aus. Aus dem Inneren der Zucchini zauberte derweil Mat(t?)hias mit Sahne und Butter etwas wirklich Leckeres.
Zwischendurch bastelten wir Pasta, von der jeder eine Portion mit nach Hause nehmen durfte. Das Pastarezept teste ich demnächst mal gegen mein Standardrezept. Ich werde berichten.
Ein weiterer Teil unserer Pasta landete am Ende in einer weiteren Vorspeise, die entstand, während der emotionale Höhepunkt des Tages erreicht wurde.
Erst verbrannte der Pulpo, während wir allesamt daneben standen. Dann zerstückelte Mimmo höchstselbst einen Teigschaber im Blender beim Pürieren des Selleriepürrees. Es entstand ein Moment der Stille.
Aus den rettungsfähigen Pulporesten wurde schließlich die Vorspeise weiter oben. Und sie schmeckte hervorragend. Mein Opa würde sagen: „Doof darf man sein. Man muss sich nur zu helfen wissen.“ Wie recht er doch hat.
Zwischendurch entstand – zumindest für mich – das Highlight des Tages: eine schnelle Pasta in etwa acht Minuten, die wirklich sensationell schmeckte. Und das Beste: Ich hätte da mal ein Tutorial.
Es gelangen mir nämlich tatsächlich in der Hitze des Gefechts drei aussagefähige Pfannenfotos, anhand derer man die Herstellung hervorragend nachvollziehen kann. Szenenapplaus! Na also. Geht doch!
Zutaten
- 300 g Spaghetti
- 2 Knoblauchzehen
- etwas Chilischote (nach Geschmack)
- Olivenoel
- 1 Bund gehackte Petersilie
- 1 Dose stückige Tomaten ein Glas Ofentomaten aus dem Vorrat
- etwas Pecorino zum Bestreuem
- Basilikum in feinen Streifen
Anleitung
- Spaghetti in kochendem Salzwasser garen.
- Knoblauch und Chili in sehr feine Würfelchen schneiden. Ich greife hier zu Vorräten: confierter Knoblauch und confierte Chili in Öl. Heute musste ich feststellen, dass ich das letzte Knoblauchglas aufgebraucht hatte. Da haben wir doch gleich eine sinnvolle Aufgabe für morgen.
- Öl erhitzen. Knoblauch und Chili zugeben und leicht anbräunen. Petersilie zugeben und kurz anfrittieren. Tomaten zugeben, Hitze etwas reduzieren und alles – während die Nudeln garen – einköcheln lassen.
- Nudeln abgießen und in die Pfanne geben, ordentlich durchrühren, Spaghetti portionsweise auf Teller geben und Soßenreste darauf verteilen. Mit geriebenem Pecorino bestreuen und Basilikumstreifen darauf geben. Fertisch!
Wer da noch Tütenprodukte braucht, ist selbst schuld! Das geht schneller als Tüte aufreißen und schmeckt um Welten besser.
Als „Dolci“ gab es hervorragende Schokoküchlein mit flüssigem Kern. Was dem Franzosen sein Moelleaux au chocolat, ist dem Italiener offensichtlich seine Cioccolataccia. Das Rezept wird ebenfalls bei Gelegenheit versuchsweise gegen meinen Standard antreten.
Was wirklich genial war, war der Einsatz von Trennfett aus der Sprühdose. Vielleicht sollte ich meine kleingeistigen Zweifel an dieser Stelle beerdigen und es mal versuchsweise anschaffen. Die Dinger flutschten wirklich perfekt aus der Form.
Was da auf dem Foto rot und weiß rundherum drapiert ist, sind ein stückiger Erdbeerspiegel und eine Joghurt-Crème. Sieht toll aus. Werde ich ebenfalls testen.
Am Ende des Tages war ich – und ich vermute nicht nur ich – sowas von satt, dass an Essen erstmnal nicht mehr zu denken war. Da wäre sogar ein Sticky toffee pudding an mir herabgeglitten wie an einer flipperfeindlichen Teflonschicht.
Gegen Mittag setzte ich heute dann allerdings eine Hühnersuppe an. Aus therapeutischen Gründen selbstverständlich. Meine Erkältung steckt mir nach wie vor in den Knochen. Das Biest will nicht richtig raus, gibt aber auch nicht endgültig auf. Verdammt!
Außerdem brauchte ich die Hühnersuppe unbedingt, um innerlich irgendwie mit dem Wahlsieg Volker Bouffiers über Max Mustermann klar zu kommen. Und Tarek Al-Wazir war offensichtlich extra beim Friseur gewesen für seine Vereidigung. Da wird Mutti aber stolz auf ihn gewesen sein… Also Mutti Merkel, nicht Mutti Al-Wazir.
Ach, was soll’s?! Ich werde gleich noch mein Süppchen genießen und dann ganz entspannt zum Tatort unter die Betäubungsdecke schlüpfen. Mehr ist heute nicht mehr drin.
Fazit: Ein sehr angenehmer und auch lehrreicher Kochkurs, der allerdings auch dadurch punkten konnte, dass die Teilnehmer allesamt angenehm waren. Solche „Kollegen“ wünsche ich auch den Teilnehmern der kommenden Termine.