Am Sonntag packten wir dann nach einer Woche São Miguel die Koffer, verließen unsere traumhafte Unterkunft, beluden „unseren“ Peugeot und begaben uns – mit kurzem Zwischenstopp in Rocha da Relva – zum Flughafen in Ponta Delgada.
Nach Rocha da Relva, einer Fajã, führt ein alter Eselspfad steil hinab. Man hat schöne Ausblicke aufs Meer, auch wenn der Weg etwas beschwerlich ist – natürlich nur der Rückweg, nicht der Hinweg.
Am Flughafen gaben wir den Leihwagen ab und seufzten erleichtert über das Ende unserer Peugeotfahrer-Karrieren. Da wussten wir ja noch nicht, dass wir nach der Landung in Horta vom dortigen Autoverleih mit einem ausgelutschten Peugeot 107 beglückt werden würden. Shit happens.
Der Flug mit der Propellermaschine verlief störungsfrei. Kaum an Bord durften wir uns wieder an den Klängen der Partybus-Kassette erfreuen. Die SATA weiß, wie man Fluggäste zufriedenstellt. Immerhin hatten wir bei der Landung herrlichstes Wetter. Faial machte einen sehr erfreulichen Eindruck.
Mit dem ausgelutschten 107 ging es gar frohgemut Richtung neuer Unterkunft. Als wir ankamen, waren wir nicht wirklich sicher, ob der asthmatische Motor die extrem steile Auffahrt zum Haus schaffen würde. Er schaffte sie. Aber insgesamt nur zweimal. Nach dem zweiten Versuch, bei dem er giftige Rauchwolken ausstieß, parkten wir ihn fortan lieber unten an der Straße.
Vorräte hatten wir keine mehr, nicht mal mehr Wasser. Also marschierten wir erstmal los in den Ort, Praia do Norte, um etwas Essbares aufzutreiben. Die Bar mit angeschlossenem Minimercado verwehrte uns den Zutritt. Bei einer zweiten Bar konnten wir zumindest etwas zu trinken bekommen. Hunger!
Wir mussten also noch in den Nachbarort aufbrechen. Dort sollte es ein Restaurant geben, das bei „Trip Advisor“ hochgelobt wurde. Zwei ausgewanderte Allgäuer sollten es betreiben, und es wurde dringend empfohlen zu reservieren. Reserviert hatten wir nicht, wollten es aber trotzdem versuchen.
Der Versuch gelang. Und Hans – der verbliebene der beiden Allgäuer – hatte auch noch ein schattiges Plätzchen für uns auf seiner lauschigen Veranda. Kurz gesagt: Die Vorspeise im „O Esconderijo“ war bis zum Ende eins der kulinarischen Highlights des Urlaubs.
Es handelte sich um einen warmen Ziegenkäse mit Honig-Knoblauch-Soße. Das war so einfach wie genial. Werde ich definitiv nachbasteln.
Vorab beglückte uns Hans mit Brot und Olivenpaste, die auch so richtig lecker war. Der Gatte nahm als Vorspeise Gamba-Möhren-Kuchen mit Salätchen. Es folgten ein Triggerfish für den Herrn und eine Hühnerbrust für die Dame – beides auch sehr gut.
Alles mit Liebe zubereitet und auch optisch sehr ansprechend. Nach den Desserts – Schoko-Orangen-Profiteroles und Tamarilloeis, beides hausgemacht – waren wir satt und glücklich. Am Ende waren wir die letzten Gäste und hatten bei Schnaps und Kaffee noch ein nettes Gespräch mit Hans, der sich irgendwann zu uns gesellte. Das war ein sehr schöner Abschluss für den ersten Tag auf Faial.
Da es nun leider keinen Brötchenservice mehr gab, übernahm ich diese Aufgabe. Allmorgendlich düste ich mit dem 107 nach Cedros zum örtlichen Supermercado „Aldina“, stellte das Auto ab, grüßte die vor der Bar beim ersten Sagres des Tages sitzenden Bauern und erledigte die Einkäufe. Zwei Flaschen Basalto gab es noch in dem Laden. Gekauft! Und auch die letzten Santa-Catarina-Atum-Dosen landeten in meinem Körbchen.
Zum Frühstücken – und auch für ein Glas Wein des Abends – gab es einen traumhaften Terrassenplatz hinter dem Haus. Mit Meerblick! Und mit Blick auf den Kuhhund der Nachbarn, der Tag und Nacht an einem Strick, der gerade so lang war, dass er aufstehen und sich einmal um die eigene Achse drehen konnte, vor deren Haus angebunden war. Kein Wunder, dass die Biester irgendwann bösartig wurden.
Da das Wetter einen recht guten Eindruck machte, stand für den Montag die Rundwanderung um die Caldeira an. Immerhin versprach der Wanderführer „Keine Wanderung kann einen besseren Überblick über die Insel Faial geben als diese. Von einem traumhaften Aussichtspunkt am Rand des Riesenkraters steigen wir auf zum höchsten Gipfel der Insel. Unser Blick reicht herunter bis zu den kleinen Küstengemeinden und auch die Nachbarinseln Pico, São Jorge und Graciosa sind zu sehen (…)“.
Der Wanderführer hatte – wie immer – recht. Diesen Rundweg sollte man keinesfalls verpassen, wenn man mal zufällig in der Gegend sein sollte. Oder auch absichtlich.
Im Prinzip läuft man immer am Kraterrand des Vulkans entlang, der fast komplett von Hortensienhecken gesäumt ist. Zwischendurch war ich wirklich völlig hin und weg. Zu diesem Zeitpunkt waren wir ja auch noch nicht im Botanischen Garten von Faial gewesen und wussten nicht, dass Hortensien „das Böse“ sind.
Aber wahrscheinlich hätte das der Begeisterung auch nicht wirklich Abbruch getan. Zu schön der Blick aufs Meer, zu faszinierend der Blick auf der anderen Seite in den Krater.
Noch ganz begeistert von den Eindrücken der letzten Stunden kehrten wir zum Auto zurück, als der Gatte die Frage stellte: „Hat die Radkappe an der Beifahrerseite vorne eigentlich immer schon gefehlt?!“ Keine Ahnung, aber jetzt fehlte sie. Wir fuhren langsam und suchend zurück nach Praia do Norte. Keine Radkappe weit und breit. Mist!
Ich begann bereits, nach an uneinsehbaren Stellen geparkten Wagen des gleichen Modells Ausschau zu halten, um vielleicht wenigstens widerrechtlich in den Besitz einer passenden Radkappe zu kommen, als ein Blick in die Übergabepapiere klar machte: Da war nie eine Radkappe gewesen! Puh!
In diesem Wissen ließ sich dann auch gleich der schönste Sonnenuntergang des Urlaubs vom Terrassenplätzchen aus viel unbeschwerter genießen. Der Gatte gönnte sich ein Sagres Zero. Er hatte bei Hans die alkoholfreie Variante in den sympathischen 0,25er Großflaschen für sich entdeckt und dann gleich bei Aldina auf Vorrat erworben.
Am nächsten Morgen ging es dann zum Botanischen Garten. Unterwegs trafen wir einen Bauern, der mit seiner Kuh einen kleinen Ausflug machte. Nette Idee.
Im Jardim Botanico lernten wir dann, welche Pflanzen auf den Azoren „endemisch“ sind, und welche eingeschleppt wurden. Blöderweise wurden nahezu alle hübschen Pflanzen eingeschleppt und breiten sich seitdem derartig aggressiv aus, dass sie den Bestand der eigentlich hier beheimateten Flora gefährden.
Vor allem die Girlandenblume und die Hortensie benehmen sich dabei wirklich unverschämt und sind deshalb besonders verhasst. Und dabei wirken sie doch auf Fotos so unglaublich nett. Wie man sich doch täuschen kann.
Anschließend schauten wir uns noch den Hafen von Horta an, von dem aus wir Tage später zu unchristlicher Zeit per Fähre weiterzureisen gedachten. Da informiert man sich lieber rechtzeitig, wo das Auto abgestellt werden muss, und wie man an Tickets kommt.
In einer Bar am Hafen, die wir dämlicherweise für einen Pingado und ein Wasser ausgewählt hatten, verfluchten wir uns dann, nicht doch im Peter Café Sport auf einen Gin Tonic eingekehrt zu sein. Zu spät. Das Wasser war lauwarm, der Laden dreckig – und der Kellner belohnte sich dafür selbst, indem er großzügig Trinkgeld auf die Preise draufrechnete, es gleich mit abzog und in ein dafür bereit stehendes Gefäß warf. Grmpf!
Zu unserem Peter-Gin-Tonic kamen wir dann allerdings sehr viel später doch noch. Jetzt stand erstmal eine Wanderung zur Ponta dos Capelinhos. Das war ziemlich beeindruckend, zumal der halb versunkene Leuchtturm einfach irgendwo mitten in einer Mondlanschaft steht, die erst nach dem Ausbruch des Vulcão dos Capelinhos 1957/58 entstanden ist. Vorher stand der Leuchtturm nämlich, wie es sich für einen Leuchtturm gehört, direkt an der Küste.
Während der selbstquälerisch veranlagte Gatte sich noch an den Aufstieg zum Capelinhos machte (Zitat Wanderführer: „Nach einem kräftezehrenden Aufstieg oben zunächst rechts halten…“), beschränkte ich mich aufs Fotografieren. Da sich während der Wartezeit das Wetter deutlich verbesserte, kam ich dann doch noch zu einigen präsentablen Fotos.
Für den folgenden Mittwoch war eine Küstenwanderung in der Nähe unserer Unterkunft – rund um Cedros – geplant. Wir trafen massenhaft Kühe, gottlob ohne dazugehörige Kuhhunde, gerieten in einen Regenschauer, trockneten wieder und bestiegen einen alten Walausguck. Dazu gab es obendrauf noch eine nette Bucht mit schwarzem Sand.
Abends aßen wir in Sãlao im „Pasquinha“. Mein Vorspeisenziegenkäse war derartig riesig, dass ich heimlich ein Stück fürs Frühstück einpackte. Auf dem Teller gegenüber lagen wieder Lapas.
Als Hauptgang orderten wir beide den Thunfisch mit Garnelensoße, ein äußerst interessantes Gericht. Der Thunfisch schmeckte fast wie Fleisch und war offensichtlich geschmort worden. Köstlich!
Und das war dann auch schon das Abschiedsmahl auf Faial. Für den nächsten Morgen stand der Wecker auf 5:00 Uhr. Die Fähre nach São Jorge würde nicht auf uns warten.
Eine halbe Flasche ekelhaften Rotweins, den ich eigentlich als „Basalto“-Alternative testen wollte, landete im Ausguss unserer Unterkunft. Das verkürzte die Terrassenzeit enorm, und sorgte dafür, dass wir ausgeruht am folgenden Morgen an der Fähre standen.