Untertitel: „Ein Haushaltsbuch für junge Mädchen“ – dieses Buch aus dem Jahre 1964 musste ich einfach haben, nachdem mir als Reaktion auf dieses Blogpost ein männlicher (!) Leser gestanden hatte, dass dies sein „Basis-Kochbuch“ sei. Heute traf es zum Booklooker-Preis von zwei Euronen ein, riecht definitiv ebenfalls ziemlich muffig, hat aber nirgendwo den Namen irgendeiner Schwester im Einband.
Wahrscheinlich wurde dieses Kochbuch bereits im Erscheinungsjahr serienmäßig mit der Geruchsnote „feuchter Hund“ ausgeliefert. Nach kurzem Durchblättern bin ich sehr begeistert, enthält es doch – vor allem für einen Großstadtbewohner (und damit meine ich definitiv nicht mich!) im Jahre 2013 – eine Unzahl an markanten Sätzen wie beispielsweise diese: „Eine Küchenwaage zu besitzen ist der berechtigte Wunsch vieler Hausfrauen.“ oder „Ungeordnete Geldwirtschaft stürzt dich in Sorgen! Lerne also einteilen und sparen!“ oder auch „Bis aus leeren Räumen ein behagliches Heim wird, müssen viele Einzelheiten beachtet und aufeinander abgestimmt werden.“
Auch sehr interessant: das Kapitel „Tägliche Pflege des jungen Mädchens“. Wir lernen: „Kleine Schönheitsfehler sind kein Makel; sie können die Eigenart eines Gesichts sogar unterstreichen. Beste Hilfe: sich damit abfinden.“ Das alles ist wirklich sehr lehrreich, bevor es dann tatsächlich irgendwann doch noch ans Kochen geht. Dem Kochteil werde ich mich aber bei Gelegenheit noch einmal gesondert widmen.
Für heute hätte ich aber noch meinen absoluten Lieblingsabschnitt aus dem Sanella-Kochbuch „Mit Freude kochen“ von 1959 zu bieten. Achtung! Definitiv für den emanzipatorischen Giftschrank! O-Ton zum Thema „Herzhaftes zum Männerskat“:
„Wenn ein Mann seine Freunde zu einem richtigen Männerskat erwartet, sollte eine kluge Ehefrau folgendes tun: Genügend Bier kalt stellen, einen herzhaften Imbiß vorbereiten, eine Kinokarte für die Abendvorstellung besorgen und möglichst noch vor dem Eintreffen der Gäste das Feld, d.h. die Wohnung räumen. Bei diesem hemdsärmeligen Spiel sind Männer am liebsten unter sich. Dicke Tabakswolken verqualmen das Zimmer, dröhnend werden Witze belacht, es wird auf den Tisch gehauen, und nach jedem Spiel geht ein endloses Palaver los, für Nichteingeweihte völlig unverständlich: ‚Du hättest zuerst über die Dörfer gehen sollen, alter Junge, die kleinen Trümpfe holen die großen – na Kunststück, mit dem Treffjungen in der Hinterhand‘, und so weiter und so fort.
Der Esstisch wird zum Kartenspielen freigemacht, es wird auf der glatten Tischplatte gespielt, aber Gläser und Teller gehören nicht darauf. Stellen Sie neben jeden Spieler ein kleines Tischchen oder einen Stuhl, auf den Sie ein Tablett setzen. Auf dem Tablett befinden sich: ein Teller mit appetitlich belegten Broten, ein Bierglas, ein Schnapsglas und eine Serviette. Die Appetithappen und auch der bei Männern so beliebte Zwiebelkuchen müssen mundgerecht zugeschnitten sein, damit Messer und Gabel überflüssig sind.
Stecken Sie die Brote eventuell auf Zahnstocher oder auf farbige Spießchen, die überall käuflich sind. Denken Sie daran, daß die Sandwiches die Erfindung eines leidenschaftlichen Kartenspielers, des Lord Sandwich, sind. Dieser bridgebesessene Lord spielte viele Stunden ohne Pause Karten und wünschte in dieser Zeit eine Mahlzeit, die ihn nicht zwang, das Spiel dafür zu unterbrechen. So entstanden die pikant belegten, zusammengeklappten kleinen Weißbrotschnitten, die Sandwiches.
Wenn Sie aber so kurz vor Mitternacht wieder nach Hause kommen und der Skatrunde dann eine kräftige, heiße Gulaschsuppe und die herzhafte Herrentorte servieren, werden Ihnen die Skatspieler sicher begeisterte Komplimente machen und liebend gerne ihr Spiel für ein Weilchen unterbrechen.“
Mich erinnert das an unsere Damen-Rommee-Runden in den 90ern. Blöderweise hat uns da niemand kleine Tischchen mit herzhaften Snacks bereitsgestellt. Sogar die Sektpullen mussten wir selbst öffnen! Frechheit!