Der nächste Tag sollte uns nach des Bauherren genialem Plan nach Andorra führen. Dazu sei vorab gesagt: Was für den gemeinen Ulle-Fan wie ein Wort für die Stunde des Glücks klingt, ist in Wirklichkeit ein Horrortrip. Zumindest die Hauptstadt Andorra la Vella. Bei Andorra handelt es sich im Prinzip um ein winziges Land, das gleichzeitig eine Steueroase ist. Deshalb treibt der Einkaufstourismus erschreckende Blüten. Man stelle sich einfach eine riesige Shopping Mall vor, multipliziere sie mit tausend – voilá! – Andorra la Vella!
Der Rest dieses landschaftlich wunderschönen Landes besteht im Prinzip zu 80 Prozent aus Skihängen, Hubschrauberlandeplätzen und Tankstellen. Was dann noch übrig ist, ist traumhaft. Aber dazu muss man erstmal weg von all dem, das ich bereits erwähnte. Unser Tagesplan lautete: Mit dem Auto zum „Grau Roig“, einem Ski-Hotel und dann ab zu den Seen! Circ dels Pessons lautete der Plan, um genau zu sein.
Eigentlich waren drei Seen geplant, aber es blieb dann bei zweien, nachdem eine Skipiste die Beschreibung im Wanderführer ad absurdum geführt hatte. Die beiden verbliebenen Seen waren allerdings für einen Tag völlig ausreichend. Wunderschön!
Der erste war der Estany dels Pessons. Ich hatte praktisch einen Fotoanfall. Völlig aus dem Nichts heraus natürlich. Was für ein hübscher See!
Einzig nervig war die Geräuschkulisse durch einige Bauarbeiter, die offensichtlich damit beauftragt waren, eine weitere Skistation – Habe ich übrigens bereits erwähnt, dass ich Skistationen hasse?! – zu errichten. Gottlob hört man ihre Presslufthämmer auf den Fotos nicht…
Es ging – wie immer – stetig bergan bis zum zweiten See, dem Estany de les Fonts. Ab da nahmen wir den Weg zum Pic de Gargantillar, was uns zwar weitere Höhenmeter, aber keinen weiteren See einbrachte.
Unterwegs begegneten uns andere irregeleitete Wanderer, die das gleiche Schicksal ereilt hatte. Nun denn… Auf dem Heimweg besorgten wir bei einer „Artisan Boulangerie“ Baguette, d.h. wir versuchten es. Die Bäckerin und ihre drei anwesenden Kinder versuchten uns zu erklären, was wir damit tun sollten, bevor wir es essen könnten. Wir verstanden nur irgend etwas von „Kühlschrank“ und „Backofen“ – und uns war klar, dass wir beides eh nicht zur Verfügung hatten. Wir dankten, nahmen unser Brot und gingen.
Auf spanischer Seite hielten wir in einem Carrefour und rissen uns einen sehr leckeren spanischen Rotwein mit Schraubverschluss unter den Nagel. Einen Korkenzieher hatten wir schließlich nicht. Und am Ende schmeckte unser neuer Freund „Elegido Tinto“ für € 1,57 / Liter wirklich ausgezeichnet. Ohne Quatsch! Weiterhin füllten wir unsere Wasser- und Keksreserven auf. Viel später wurde uns klar, dass mein stilles Wasser („mineralisación débil“) vielleicht doch keine gute Idee gewesen war. Ich stieg auf Leitungswasser um.
Das Abendessen wurde komplettiert durch einen Einkauf bei der ortsansässigen Fromagerie „La Gentiane des Pyrénées“. Dazu den „Elegido“ aus den Zahnputzbechern – was kann man vom Leben mehr erwarten mit etlichen Höhenmetern in den Beinen?!