Die letzten beiden Tage waren irgendwie von Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln geprägt. Freitags reisten wir zur Firmenweihnachtsfeier in ein benachbartes Bundesland. Der Busfahrer machte dabei anfangs einen recht schweigsamen, aber halbwegs ordentlichen Eindruck. Problematisch wurde es, als wir bereits am Zielort angekommen waren.
Einesteils beherrschte er sein Navigationssystem nur oberflächlich, andernteils wollte er sich weder etwas sagen lassen, noch – was anscheinend in seinen Augen einem beruflichen Offenbarungseid und völligen Gesichtsverlust gleichkam – einen Passanten nach dem Weg fragen. Besonders blöd war das angesichts der Tatsache, dass die Hauptdurchgangsstraße durch die Innenstadt gesperrt war, was dazu führte, dass wir in etwa fünfmal in die Sperrung hineinfuhren und dann wieder abdrehen mussten. Irgendwann sah er die Sinnlosigkeit seiner Methode (Navi sagt rechts -> Fahrer fährt rechts -> Umleitungsschild!) offenbar ein. Die Scham war groß, aber er wandte sich per Bordlautsprecher an die Insassen des Busses und bat um Hilfe.
In diesem Augenblick entdeckten wir das Hotel, in dem einige andere Kollegen zu nächtigen gedachten, und von dem aus ein Shuttle-Bus diese zur Feier bringen sollte. Wir nötigten ihn vorzufahren und befahlen ihm, auf den Shuttle-Bus zu warten, um diesem dann zu folgen. Leider tauchten nach ca. zehnminütiger Wartezeit zwei nette Eingeborene auf, die ihm erzählten, dass der Weg zum Ort des Geschehens zwar weit, aber nicht kompliziert sei. Sie würden einsteigen und mitkommen, um ihn zu navigieren. Wir bestanden geschlossen darauf, die Shuttle-Bus-Lösung durchzuziehen, aber der Busfahrer entschied sich anders. Wir fuhren also mit zwei zusätzlichen Fahrgästen los.
Die Sache lief auch anfangs ganz gut. Dann jedoch erklärten die Beiden ihm den Rest des Weges und bestanden darauf jetzt sofort auszusteigen. Leider hatte er ihnen nicht zugehört. Die Passagiere der ersten beiden Sitzreihen taten sich daraufhin zusammen und lotsten ihn mit vereinten Kräften zur Halle. Am Ende waren wir völlig ausgetrocknet, mussten alle aufs Klo und verließen nach über drei Stunden endlich den Bus. Programmgemäß hätte eben das Essen anfangen sollen. Macht ja nichts. Es warteten ja nur 450 Leute auf uns…
Der Abend selbst war super – sehr leckeres Essen, musikalische und akrobatische Einlagen zwischen den Gängen und Gespräche mit Kollegen, die man sonst nur vom Telefon kennt. Die letzte Stunde wurde allerdings schon wieder leicht von der Sorge um die Heimreise überschattet. Und es kam, wie es kommen musste: Unser Busfahrer – schlecht gelaunt von der Wartezeit und den Demütigungen der Anreise – war noch noch übler drauf als vor ein paar Stunden. Obwohl wir ihm mitteilten, dass noch zwei Leute fehlten, fuhr er los. Betretenes Schweigen erfüllte den abfahrenden Bus.
Beim Verlassen des Geländes kamen die fehlenden Kolleginnen winkend und schreiend angerannt, woraufhin der ganze Bus wie aus einer todesähnlichen Starre erwacht brüllte, er solle sofort anhalten. Er tat es – aber während die Mädels noch versuchten, den Bus zu erreichen, schrie er uns wütend an, dass das so nicht ginge, dass wir uns an Zeiten zu halten hätten, und überhaupt… Wir kicherten in Erinnerung an frühere Klassenfahrten, gerieten nochmal kurz ins Schwitzen – zumindest wir in den vorderen Reihen – als er wieder hektisch an seinem Navi zu fummeln begann und leicht desorientiert wirkte, schliefen aber irgendwann erschöpft ein. Die Rückfahrt dauerte dann schließlich anderthalb Stunden, während wir für die Hinfahrt zwei Stunden länger gebraucht hatten.
Nebenbei: Der Busfahrer beantwortete keines der zahlreichen „Tschüß!“ der an ihm ihm vorbei aussteigenden Fahrgäste. Was soll’s – mit der nächsten derart groß angelegten Veranstaltung ist frühestens in zehn oder fünfzehn Jahren zu rechnen. Und die sollte dann in Mainz stattfinden. Danach sollte der betreffende Fahrer dann eigentlich in Rente sein…