Heute widme ich mich einem wirklich drängenden Thema: Was tun, wenn man in letzter Minute den Eindruck hat, nun doch noch unbedingt seiner Gesinnung Ausdruck verleihen zu müssen? Spätestens beim dritten Italiener, der sich innerhalb von zehn Minuten im gegnerischen Strafraum dramatisch zu Boden sinken lässt oder durch fiese Beleidigungen der engsten Familienangehörigen des Gegenspielers gerechte Kopfnüsse provoziert, kann es soweit sein: Eine Paraguay-Flagge muss her. Sofort!
Bloß… Wo jetzt kaufen auf die Schnelle? Da hilft nur Kreativität. Sehr einfach zu lösen ist die Sache für die niederländischen Freunde bzw. deutsche Haushalte, in denen sich – aus welchen Gründen auch immer – niederländische Flaggen befinden. Sofern sie nach dem 13:30-Uhr-Spiel gegen die Dänen nicht verbrannt wurden, kann man sie sehr leicht umgestalten. Einfach ein wenig auf dem weißen Streifen herumkrakeln (mit grünem, blauem, gelbem und rotem Filzschreiber zum Beispiel) – fertig! Für Notlösungen könnte man zum Beispiel auch die schleswig-holsteinische Landesflagge schänden. Wer es nicht so genau nimmt, schnippelt sich etwas Passendes aus der französischen Tricolore, achtet aber darauf, dass ihn dabei kein Franzose erwischt.
Wenn gar nichts davon realisierbar sein oder das Spiel bereits knapp vor dem Anpfiff stehen sollte, hilft nur noch eins: zwei Wäscheklammern und ein Bildbearbeitungsprogramm. Damit bekommt man auch noch ein Last-Minute-Fähnchen hin.
Da wir leider angesichts nervig-weinerlicher Italiener meist nicht in einer ähnlich günstigen Lage sind wie José Luis Chilavert gegenüber Roberto Carlos, d.h. unseren Gefühlen unmittelbar und unmißverständlich Ausdruck zu verleihen imstande sein dürften, müssen wir uns anderweitig behelfen. Spaghetti bis zur Unkenntlichkeit zerkochen, Adriano-Celentano-Langspielplatten auf 45 laufen lassen oder auf eine Tiefkühlpizza spucken sind dabei nur einige wenige naheliegende Möglichkeiten. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. „Zu eklig“ gibt es nicht.
Apropos „Chilavert“: sein Kommentar zum heutigen Spiel. Ich würde übrigens nie behauptet, er habe zugenommen. Niemals! Und schreiben würde ich das schon gar nicht. Man weiß, was dabei heraus kommen kann. Abgesehen davon hat er natürlich vollkommen recht. Mit allem, was er sagt. War ja noch nie anders, oder? Und schließlich ist der heutige Sieg ja sogar Bestandteil der Nationalhymne:
„Nueva Roma, la Patria ostentará
dos caudillos de nombre y valer,
que rivales – cual Rómulo y Remo –
dividieron gobierno y poder.
Largos años – cual Febo entre nubes –
viose oculta la perla del Sud.
Hoy un héroe grandioso aparece
realzando su gloria y virtud…“
Prinzipiell genügt für heute abend auch der Text des Refrains. Den sollte man natürlich beherrschen. Bis zum Endspiel ist dann ja noch reichlich Zeit für die restlichen sechs Strophen. So. Noch drei Stunden bis zum Spielbeginn. Das sollte für die mentale Vorbereitung genügen. Und für den Refrain. Und für ein Fähnchen.
„Paraguayos, ¡República o Muerte!
nuestro brío nos dio libertad;
ni opresores, ni siervos alientan
donde reinan unión e igualdad.“
Die Italiener, sollten sie ins Finale kommen, und die Deutschen ja sowieso, dann werden sie im schwarz-rot-goldenen Meer untergehen. Gnadenlos versinken werden sie, unter Buhrufen und Pfiffen. Sie
haben es ja aber auch nicht anders verdiehnt. Also, Italiener, wappnet euch! Wir sind stärker, zumindest Fantechnisch!