Das war gestern ein sehr, sehr langer Freitag. Um kurz nach fünf stand ich auf, um für die letzten Arbeitsstunden vor dem Osterurlaub anzutreten. Vom Büro ging es dann direkt – den Stau auf der A643 mal unerwähnt gelassen – zum „Falkenhof“. Der Bauherr hatte mir erneut ein Kochseminar mit Franz Keller spendiert: „Küchenfrühling auf dem Falkenhof“. An dieser Stelle bitte ein Tusch, Herr Kapellmeister! Applaus für den Bauherrn!
Vorab: Es war toll. Meine Mitköche waren durchweg nett, das Essen und die Weine köstlich und die Zubereitung äußerst kurzweilig und inspirierend. Ich habe mir diesmal deutlich mehr Notizen gemacht, um das Nachkochen zu erleichtern. Die einzelnen Gänge gibt es hier demnächst bebildert und mit grober Anleitung.
Jetzt erstmal eine Zusammenfassung des gestrigen Tages. Empfangen wurden wir wieder mit Rieslingsekt, Apfelsekt und Wurst-, Schinken- und Brotspezialitäten vom Falkenhof. Anschließend gab es einen Rundgang über den Hof und durch die Ställe, was beim letzten Mal ja am fiesen Wetter gescheitert war. Der Chef stellte uns seine Bunten Bentheimer, die Charolais- und Limousinrinder und die Wachgänse vor. Schön. Ich war schon gespannt, wie die „Kollegen“, die begeistert „Ooooh! Die süüüüßen Schweine!“ riefen auf das Zerlegen des Milchlamms reagieren würden. Der Chef meinte jedenfalls, dass in zwei Wochen einige der ’süßen Schweinchen‘ eine lange Reise antreten dürften.
Zurück in der Küche starteten wir mit den Vorbereitungen fürs Essen. Wir setzten Olivenoel mit jungem Knoblauch an (erhitzen, aber nicht sieden lassen!) und ließen uns das fachmännische Zerlegen eines Milchlamms aus den französischen Pyrenäen erklären. Da der Kopf mit den süßen Augen und das kuschelige Fell bereits nicht mehr dran waren, hielt sich das allgemeine Entsetzen glücklicherweise in Grenzen.
Und während auf dem wunderbaren Holzofen eine Rinderbrühe einkochte und herrlich roch, ging es an die Vorbereitung der Garnituren und Gemüsebeilagen. Für insgesamt fünfzehn Personen Spinat, Schalotten, Salat oder Spargel zu putzen, war eine Arbeit, die uns erstmal alle in Anspruch nahm.
Der Chef röstete derweil Knochen- und Fleischreste des Lamms im Ofen für den Jus-Ansatz an. Schließlich ging es an die Zubereitung der Küchenmahlzeit: „Milchlamminnereien mit Schalotten, Brotsockel und Ruccolasalat“.
Obwohl ich nun wahrlich kein Freund von Innereien bin, wagte ich mich an Leber, Nierchen und Lammbries – nicht nur zubereitungstechnisch, sondern auch, als alles auf dem Teller vor mir lag. Ich war überrascht. Das schmeckte super. Kein Vergleich zu den bisherigen Rinderlebern, die schon vor mir gelegen hatten. Vom Rest hatte ich ohnehin immer die Finger gelassen. Allein der Geruch der Nierenspieße auf dem Weihnachtsmarkt treibt mich alljährlich dazu, mir massenhaft Maronen, Reibekuchen und ähnliches einzuverleiben – nur um diesen fiesen Geruch zu verdrängen. Wie gesagt: Ich war überrascht, wie lecker das schmeckte.
Bevor die Gäste eintrafen, gab es noch aus den in der Fleischbrühe verkochten Beinscheiben ausgelöstes Fleisch als kleinen Zwischengang. Mjam. Als ersten „richtigen“ Gang landete ein „Löwenzahnsalat mit Kartoffeln, Speck und Ei“ auf den Tellern. Das Foto ist grauenvoll, aber ich habe leider kein besseres. Diesen Salat werde ich definitiv in Kürze auf den heimischen Tisch bringen. Das war köstlich.
Es folgten zwei Spargelvariationen: „Grüner Spargel, gekocht in Sahne“ und „Grüner Spargel, gebraten mit Limettenbutter“. Die entsprechende Zubereitung werde ich auch demnächst an dieser Stelle dokumentieren – schon, damit ich es nicht vergessen kann. Dem Spargel folgte ein Teller mit „Lammfleischküchle, Lammkotelett und Zuckerschoten“.
Bei der Herstellung des Lammhacks kam es zu leichten technischen Problemen mit dem Fleischwolf. Jemand hatte nach dem Spülen das Messer falsch herum ingesetzt. Möglicherweise arbeitet Ulles Bruder mittlerweile in Kellers Spülküche? Jedenfalls drehte der Chef erst selbst durch, und dann das Fleisch. Rezept folgt, ebenso das für die Koteletts.
Auf den ersten Lamm-Gang folgte ein zweiter: „Geschmortes Milchlamm mit Blattspinat und Kartoffel-Champignon-Gratin“. Am Hacken der Champignons für das Gratin auf Basis von ‚Pommes Maxim‘ verzweifelte mein „Kollege“ fast. Das „korrekte“ Auslegen der hauchdünnen Kartoffelscheiben verursachte im Anschluss am Nachbarblock eine mittelschwere Krise. Was nachher auf den Tellern lag, war super. Gibt es heute abend in diesem Haushalt zu Rinderrouladen.
Am Ende waren wir dann alle irgendwie fast zu schwach für das Dessert: „Quark-Joghurt-Dessert mit Granatapfel und Vanille“. Simpel – aber lecker. Und genau das Richtige nach langen Stunden mit viel Wein, Essen und Arbeit. Kellers Anekdoten zu Espresso und Walnussschnaps schlossen einen herrlichen Tag würdig ab. Falls ich irgendwann einmal mit dem Transkribieren meines Gekrakels von gestern, dem Nachkochen, Variieren und Experimentieren im Hinblick auf das Gekochte und dem Senken meiner Blutalkoholkonzentration auf ein Normalmaß soweit sein werde, gönne ich mir sicher nochmal einen Tag auf dem Falkenhof.
Besonders nett übrigens: Der Bauherr begab sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln mitten in der Nacht auf die Reise, um mich und das Puntili wohlbehalten nach Hause zu bringen. Mission accomplished. Immerhin durfte er noch das Schmorlamm und das Dessert mitessen.