Eigentlich hat hier niemand Geburtstag, aber gestern Abend bekam ich mein Geschenk zum runden Geburtstag aus dem letzten Jahr. Das Geschenk des Gatten. Exakt elf Monate nach dem Ehrentag (sagt man doch so bei älteren Menschen?…). Wir hatten bereits vor Weihnachten einen Anlauf genommen, den wir aber wegen Krankheit absagen mussten. Gestern stand dann endlich ein neuer Termin. Und – Überraschung! – es kam nichts dazwischen.
Und ich sage es gleich vorweg: Das war ein unglaublich lustiger, feucht-fröhlicher, interessanter und überaus köstlicher Abend. Wir waren in Frankfurt in der Villa Merton bei André Großfeld zum Chef’s Table.
Bevor wir allerdings dort aufkreuzten, lief einiges schief. Vor allem bei mir. Ich habe tatsächlich keinen blassen Schimmer, was mich geritten hat, aber ich war irgendwann auf der Rückfahrt vom Büro der Meinung, mein Zug nach Frankfurt ginge um 15:21 Uhr. Fünf Uhr… Fünfzehn Uhr… Da kann man ja schon mal durcheinander kommen.
Ich hetzte mich also total ab, verschwendete keinen rettenden Gedanken daran, weshalb ich eigentlich so früh los musste, und ließ mich von der Bahn in die Metropole bringen. Dort wollte ich mich mit dem Gatten treffen, und dann sollte es gemeinsam zur Villa Merton gehen.
Ich traf am Frankfurter Hauptbahnhof ein. Der Gatte hatte sich noch nicht gemeldet, was mich etwas befremdete. Ich trat aus dem Bahnhof ins gleißende Tageslicht. Und exakt in diesem Augenblick fiel mir auf, dass da etwas nicht stimmen konnte. Verdammt! Zwei Stunden zu früh im Frankfurter Bahnhofsviertel gestrandet. Shit.
Ich lief einmal um den Bahnhof herum, dann nochmal durch den Bahnhof, und dann einfach ein wenig durch die Gegend. Nicht, dass ich mich in Frankfurt auch nur ansatzweise auskennen würde… In der Zwischenzeit hatte sich der Gatte gemeldet und war doch sehr verwundert ob meiner frühen Ankunft. Und ebenfalls in der Zwischenzeit hatte ich Ecke Niddastraße / Ludwigstraße eine Bank gefunden, auf der ausnahmsweise mal niemand lag.
Ich erhielt die Anweisung, mich nicht von der Stelle zu bewegen und ganz ruhig auf den Chef zu warten. Er weiß halt, wie völlig desorientiert ich bin. Als er eintraf, hatten wir noch massig Zeit. Wir erblickten ein „Happy Hour“-Schild ganz in der Nähe. Ja, Mensch! Vorglühen! Was blieb uns denn anderes übrig?! Wir saßen schließlich kurz darauf total entspannt bei strahlendem Sonnenschein draußen, lachten uns schlapp über meine Blödheit und spülten sie mit je zwei Aperol Spritz bzw. Mojito runter. Lief!
Bester Dinge verließen wir am Ende die U-Bahn an der Bockenheimer Warte, meiner Lieblingsstation, die so ein bißchen wirkt, als ob Captain Kirk versucht Jugendstil zu erklären.
Als wir schließlich an unserem Bestimmungsort eintrafen, wurden wir überaus freundlich empfangen und fanden uns kurz darauf mit je einem Glas Champagner in der Hand in der Küche wieder. Wir prosteten ein bißchen mit dem gesamten Team herum und saßen dann schließlich mitten in der Küche unter dem Kronleuchter. Und ab da verging die Zeit wie im Flug.
Sämtliche Gänge waren ohne Übertreibung jeder für sich eine Offenbarung. Vom Wein einmal ganz abgesehen. Es war wirklich herrlich. Und es steht definitiv fest: Essen macht glücklich. Vor allem in derart angenehmer Gesellschaft wie gestern.
Ich haue dann jetzt hier einfach die Essenfotos drunter. Da wir nicht im Lichtzelt oder unter Flutlicht speisten, sind die Fotos vielleicht minimal unterbelichtet. Und gegen Ende fiel es mir dann auch deutlich schwerer, mich aufs Fotografieren zu konzentrieren. Ich habe aber dennoch ein Foto pro Gang zustande gebracht, das man halbwegs vorzeigen kann.
Amuse gueule: Geflämmte Jakobsmuschel mit Erbsen, Mango und Kalamasi-Gel
Zweierlei vom Thunfisch mit Koriander, Senf und Orange
Weinbegleitung: Maison Saint AIX Rosé – Coteaux d´Aix en Provence AOC
Ravioli mit Taleggio und Bergkäse gefüllt auf Mangold, fermentiertem Knoblauch, Salbei und Kartoffelschaum
Weinbegleitung: Kühling-Gillot, Weissburgunder, 2016
Lachs mit Blumenkohl, Kaviar und Beurre blanc
Weinbegleitung: Dreissigacker Grauburgunder trocken
Medaillon vom Seeteufel mit Löwenzahn, Limette, Chili und Lardo
Weinbegleitung: Von Winning Sauvignon Blanc II trocken
Sorbet von der Tamarillo – mit einem ordentlichen Schuss Vodka
Rosa gebratenes Kalbsfilet mit Pulpo, Paprika, Mispeln und Saubohnen
Weinbegleitung: Reserva DOC 2012 Bodegas Barón de Ley (Rioja)
Dessert von Holunderblüte und Erdbeere
Weinbegleitung: Dreissigacker 2009 Rieslaner Auslese Bechtheimer Heilig-Kreuz
Der Abschied vom Essen fiel uns unglaublich schwer. Der Abschied von Katharina aus der Patisserie fiel mir definitiv auch schwer. Und nachdem der Gatte und der Chef sich gegenseitig zur Wahl eines Single-Malt-Absackers in Form eines Benromach auf die Schultern klopften, während es mir bereits schwer fiel, mich noch irgendwie auf meinen Espresso zu konzentrieren, verließen wir innerlich gestärkt, rundum glücklich, vollgefressen und leicht schwankend die Villa Merton.
Und fest steht auf alle Fälle: Das war mit Sicherheit nicht unser letzter Abend dort! We’ll be back!