Schwiegermütter seien furchteinflößend. Ich kann es nicht beurteilen. Ich habe meine Schwiegermutter nie kennengelernt. Und trotzdem habe ich mich todesmutig an Lingue di Suocera gewagt. Übersetzt heißt das soviel wie Schwiegermutterzungen. Was mich besänftigte, war der Untertitel „un aperitivo croccante“ im italienischen Originalrezept: Lingue di Suocera. Klingt hübsch.
Zorra hatte das Rezept fürs Synchronbacken im Juli ausgesucht. Und ich finde es eine ausgezeichnete Wahl. So ein paar Schwiegermutterzungen auf der Terrasse – an einem Sommerabend – mit einem (oder zwei…) Glas kalten Weißweins. Ein schöner Einstieg in einen Terrassenabend! Mit oder ohne Schwiegermutter.
So wählte ich dann immerhin eine Schüssel meiner Schwiegermutter für die Fotos aus. Aus edelstem Arcopal. Mit 70ies Muster. Ich liebe diese Schüssel in all ihrer Retroartigkeit. Sie hat eine perfekte Größe. Sie ist praktisch unkaputtbar. Und sie sieht aus wie das Kinderzimmer meiner Schwester. Was kann mehr von einer Schüssel verlangen? Eben! Nix!
Teigruhe in der Schwiegermutterschüssel
Der Teig wirkte zu diesem Zeitpunkt weniger attraktiv als ich gehofft hatte. Und das, obwohl ich ihn noch eine Weile von Hand knetete, nachdem die Küchenmaschine ihr Werk vollendet hatte. Ich setzte alle meine Hoffnung in die Hefe. Und sie enttäuschte mich nicht.
Der Teig ging perfekt auf. An dieser Stelle: Ich hatte dummerweise nur die halbe Rezeptmenge angesetzt. Stupid me! Denn just als ich diesen super fluffigen Hefeteig aus der Schwiegermutterschüssel befreite, tat der Sohn meiner Schwiegermutter kund, dass er absolut nicht verstehen könne, dass es keinen süßen Hefeteig an einem Sonntag gäbe.
Ich dachte kurz nach und halbierte selbstlos meinen halben Teig. Aus der einen Hälfte der Hälfte stellte ich zwei Zimtschnecken her. Die andere gehörte mir.
Lingue de Suocera. Keine Zunge, aber ein Zünglein. Zumindest bei mir.
Ab diesem Zeitpunkt war ich also nur noch mit dem Viertelrezept unterwegs. Aus der gesamten Rezeptmenge sollten zehn Exemplare entstehen. Mir waren die aber bereits im Vorfeld etwas zu unhandlich. Drei Stück auf einem Backblech… Sorry, ligurische Schwiegermütter, aber ich mag’s lieber filigran.
Allerdings würde ich nun sehr filigran sein müssen. Ich holte aus meinem Teigrest immerhin acht kleine Exemplare heraus, die alle auf ein Blech passten. Ich rollte sie mit meinem Nudelholz sehr dünn aus, was absolut perfekt funktionierte. Der Teig war an dieser Stelle äußerst kooperativ.
Während meine acht winzigen Teiglinge gingen, stellte ich zu meiner Überraschung – Google ist dein Freund… – fest, dass auch eine der Lieblingspflanzen meiner Kindheit den Beinamen „Schwiegermutterzunge“ zu tragen scheint: der Bogenhanf aka Sansevieria, der bei uns in den Bädern steht und so herrlich wenig Wasser braucht. Egal. Unnützes Wissen und so…
Meine Zungen erhielten drei verschiedene – nennen wir es einmal – Toppings. Und brachten damit drei Urlaube zurück. Griechischer Thymian, gozitanischer Wildkreuzkümmel, madeirensischer Oregano. Alles mit bestem Olivenöl und Meersalz. Das Salz natürlich auch von Gozo.
Und jetzt kommt die Anleitung!
Zutaten
- 300 g Weizenmehl Tipo 00
- 180 g lauwarmes Wasser
- Trockenhefe wirklich sehr wenig… ein Viertelpäckchen oder so…
- 5 g Salz
- 20 g Olivenöl extra vergine, plus mehr zum Bestreichen
- Kräuter und Meersalz zum Bestreuen
Anleitung
- Wasser und Hefe verrühren und kurz akklimatisieren lassen. Zusammen mit dem Mehl in die Schüssel der Küchenmaschine geben.
- Kneten lassen. Wenn der Teig Struktur hat, zwanzig Gramm gutes Olivenöl und das Salz zugeben. Teig kneten lassen, bis er homogen ist.
- Teig in eine Schüssel geben, mit einem Küchenhandtuch abdecken und an einem warmen Ort etwa zwei Stunden lang gehen lassen, bis er sein Volumen etwa verdoppelt hat.
- Teig auf die Arbeitsplatte geben. In zehn kleine 50-Gramm-Kugeln aufteilen und diese weitere zehn Minuten ruhen lassen.
- Mit Hilfe dem Nudelholz zu langen, sehr dünnen Zungen ausrollen.
- Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Mit Olivenöl bepinseln. Salz und Kräuter darauf streuen.
- Im vorgeheizten Ofen bei 180° C Ober-/Unterhitze etwa zwanzig Minuten lang abbacken.
Ich war wirklich sehr begeistert. Und verfluchte mich ob der geringen Teigmenge, die ich angesetzt hatte. Die Dinger sind wirklich extrem knusprig und schmecken super. Praktisch wie Grissini mit Kräutern. Und Geschmack. Nur halt platt gedrückt.
Ob man damit Schwiegermütter friedlich stimmen kann? Ich weiß es nicht, aber einen Versuch ist es sicher wert. Gegen Schwiegermütter mit spitzer Zunge empfehle ich mein – nach dem Backen etwas verkrumpeltes, auf der Terrasse ausgebreitetes, aber immer noch lesbares Geschirrhandtuch von weiter oben.
Weitere Varianten? Bitte sehr!
Wer noch die Ergebnisse auf den anderen Blogs sehen will, findet hier reichlich Variationen. Und sie lohnen sich alle. Mit dabei waren diesmal:
zorra von 1x umrühren bitte aka kochtopf * Simone von zimtkringel * Tamara von Cakes, Cookies and more * Britta von Backmaedchen 1967 * Petra von Genusswerke * Désirée von Momentgenuss * Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum * Bianca von ELBCUISINE * Tina von Küchenmomente * Ilka von Was machst du eigentlich so?! * Laura von Aus Lauras Küche * Nadja von Little Kitchen and more * Birgit M. von Backen mit Leidenschaft
Ha, meine sind ja grandios schief gegangen oder an Über-Ehrgeiz gescheitert, ode was weiß ich. Deinen kleinen Exemplare finde ich toll, ich bastle mir grade aus all den Rezepten eines fürs Wochendende zusammen.
Und wie war es diesmal? Besser?
Andere (Schwieger)Mütter haben auch kurze Zungen 😀
Die Pflanze ist mir auf meiner Suche auch begegnet. Die Idee mit die Zungen in klein zu backen finde ich super. Ich hätte meine gerne noch dünner gehabt, aber dann wären sie zu unhandlich geworden.
Ja, das ist bei kleineren Exemplaren wirklich deutlich leichter. Und dünn sollten sie schon sein, damit sie den korrekten Knusprigkeitsgrad haben =)
Die Idee die Schwiergermutterzungen in klein zu backen finde ich super. Mein Sohn meinte nämlich zu mir, ihm würden die in kleiner besser gefallen als so groß. Geschmeckt haben sie ihm und seinen WG Mitbewohnern in groß aber trotzdem 😉
Liebe Grüße
Britta
So soll es sein! Ich „musste“ leider alle allein essen 😀
Hahah, einfach wieder herrlich geschrieben. Das Schüsselmuster erinnert auch ein bisschen an die Prilblumen, oder? Und weisst du was, schon seit Tagen überlegte ich wie dieses unkaputtmachbare Geschirr heisst. Dank dir endlich die Erlösung – Arcopal! Ach ja und die kleinen Zungen gefallen mir sehr gut. Nächstes Mal mache ich sie auch in Mini.
Ich liebe diese Schüssel. Ja. Hat tatsächlich was von Pril-Werbung 😀
Lustig, sowohl die Schüssel als auch diese Schwiegermutterzungen-Pflanzen hatte meine Oma auch (also die Schwiegermutter meiner Ma )…. Auch wenn sämtliche italienische. Schwiegermütter jetzt die Augen verdrehen sollten: Ich finde deine Mini-Zungen viel praktischer als diese großen Teile. Mache ich das nächste Mal garantiert auch so.
Liebe Grüße, Tina
Ach, was interessiert uns die Meinung fremde, italienischer Schwiegermütter?! 😀
Liebe Manuela, haha wirklich herrlich geschrieben, ich musste soviel schmunzeln, so macht das Kommentieren Spaß und meine Mutter hatte auch so eine Schüssel und meine Schwester so eine Tapete… Ich muss gestehen, ich mochte die Bezeichnung Schwiegermutterzungen gar nicht, weder Schwiegermutter noch Zungen, dabei mag ich meine Schwiegermutter, aber der Begriff ist so negativ besetzt! Dabei war das Ergebnis so lecker! Bei dir muss ich öfter vorbeischauen, so schöne Texte… Liebe Grüße, Bianca
Danke dir! =)