Da hatte ich mich so auf meinen Friseurtermin gefreut. Endlich wieder wie ein Mensch fühlen! Und dann treffe ich gestern um Punkt 7:00 Uhr in der Frühe beim Salon ein – um zu erfahren, dass mein Termin erst nächsten Samstag ist. Das Blut gefror mir in den Adern. Verdammt! Wie konnte mir das nur passieren?! Vermutlich eine Mischung aus Wunschdenken, Sehnsucht nach Erlösung und Schusseligkeit. Ich wollte schon wieder frustriert abziehen, als mein Lieblingsfriseur meinte, er schaffe es trotz Überfüllung schon, mich irgendwie dazwischenzuquetschen. Ich versicherte ihm erst etwa hundertmal, dass es kein Problem sei, und dass ich am kommenden Samstag wieder auftauchen würde.
Dann gab ich klein bei. Und versicherte ihm etwa genauso oft, dass ich ihm unendlich dankbar sei. Und dass ich auf ewig in seiner Schuld stünde. Und so weiter. Eine Viertelstunde später entspannte sich die Situation, als sich herausstellte, dass die Kundin, auf deren Stuhl ich gerade saß, nicht aufzutauchen beliebte. Tststs… Wie kann man nur nach so langer Zeit einen Friseurtermin nicht wahrnehmen?! Unfassbar! Aber auch unfassbares Glück für mich. Kann man ja auch mal haben.
Zweieinhalb Stunden später verließ ich den Friseursalon, riss mir meine Maske aus dem Gesicht und strahlte mich selbst im Sonnenblendenspiegel des Autos an. Ja! Strike! Gewaschen, geschnitten, gefärbt, nochmals gewaschen, gefönt und onduliert (letzteres ist ein wenig übertrieben). Aber: Herrlich! Wie ein neuer Mensch!
Zu Hause eingetroffen, ging es gleich weiter. Fleischerwerb stand auf dem Plan. Und ein erneuter Besuch beim Waldhof. Auf dem Hinweg landeten noch ein Beutel zypriotischer Kartoffeln (mit Resten des roten zypriotischen Ackers) und ein Kilo Spargel – beides vom Lieblingsspargelstand – im Auto. Beim Waldhof gab es zweierlei Würstchen, Hackfleisch und einen wunderschönen Tafelspitz, dem ich nicht widerstehen konnte. Und dann noch Ochsenschwanz. Und wir landeten auf einer Vormerkliste für ein Onglet. Läuft!
Geht das nur mir so oder freut sich jeder, der die Fünfzig überschritten hat, darüber, wenn z.B. der Zahnarzt, der Friseur, der Fleischlieferant oder jede andere „wichtige“ Anlaufstelle jünger ist als er selbst?! Dann besteht jedesmal die Hoffnung, das diese Menschen einen über Jahre oder Jahrzehnte begleiten werden. Und man muss in diesem Leben immerhin nicht nochmal mühsam und verzweifelt nach dem perfekten Zahnarzt, dem perfekten Friseur, dem perfekten Fleischlieferanten oder was auch immer suchen. Noch vor zwanzig Jahren war ein solcher Gedanke praktisch undenkbar. Oder zumindest sehr, sehr weit weg. Außer Sichtweite.
Die Bratwurst jedenfalls wurde gleich gestern Abend getestet. Und ich meine das jetzt völlig ernst: Sie hat die vom Aartalhof getoppt. Damit hatten wir nicht gerechnet. Null trocken. Total saftig und lecker. Dazu Spargel, Meerrettichsauce und die Kartoffeln – ein Festessen!
Das Rote sind die eingeköchelten Reste einiger Tomaten und leicht angeschrumpelter Paprika – mit „scharf“. Und mit Ingwer und Knoblauch. Ein echter Hammer, wie sich beim Essen herausstellte. Leider völlig planlos zusammengeschmurgelt und so nicht reproduzierbar.
Die Meerrettichsauce hatte ich in weiser Voraussicht gestern schon geplant und so hergestellt, dass sie für heute ebenfalls noch ausreichen würde. Zum Tafelspitz nämlich. Der räkelt sich derzeit schon seit mittags im Ofen in einem Gemüsebad. Jetzt ist nur noch ein einziges Gläschen meines fermentierten Meerrettichs aus der Nah-Todes-Aktion des vergangenen Jahres übrig. Wie ich gesehen habe, versucht er allerdings gerade schon wieder, die WeltBeetherrschaft an sich zu reißen. Es wird also wohl keine Nachschubprobleme geben.
Da war noch was… Mein Zimmer. Genau. Es ist fast fertig. Und der neue Schreibtischstuhl, den ich mir gegönnt habe, sollte auch Anfang der Woche eintreffen. Sozusagen als i-Tüpfelchen. Diese Pandemie hat zumindest der Ordnung im Haus bisher recht gut getan.