An unserem vorletzten vollen Urlaubstag stand eine Wanderung zum Roque de los Muchachos an. Die „blühenden Landschaften“ verwandelten sich in schroffes Gestein. Man fühlte sich zwischendurch fast wie auf einem anderen Planeten. Allein die Anfahrt war schon von zahlreichen „Ahhhh!“s und „Ohhh!“s begleitet.
Allerdings geriet ich erstmal ordentlich ins Schwitzen, weil wir an einer besonders spektakulären Stelle („Soll ich anhalten? Willst du fotografieren?“) rechts ran fuhren. Gleichtzeitig mit uns stand dort ein Leihwagen mit zwei jungen Niederländern. Der eine warf einen Blick auf meine Kamera, beschloss, dass ich das wohl auf die Reihe bekommen könne und drückte mir sein Handy in die Hand. Ob ich denn wohl mal eben ein Foto von ihm machen könne? Klar. Kein Problem.
Ich warte also darauf, dass er sich vor diesen riesigen, roten Steinplatten aufstellen würde, damit ich das Foto von ihm knipsen könnte und wir dann wieder unserer Wege gingen. Blöderweise zog er seine Schuhe aus und erkletterte die roten Felsbrocken direkt über dem Abgrund und hampelte lustig darauf herum. Sowas ertrage ich ja ganz schlecht.
Nachdem ich schon ein paar Aufnahmen erledigt hatte, wollte er gar Anweisungen in Sachen Posing. Ich war allerdings zu diesem Zeitpunkt nur noch in der Lage auf sein „What shall I do?“ ein heiser-gekrächztes „Get down!!!“ hervorzubringen. Ich war so unglaublich froh, als er lebend und an einem Stück wieder auf dem Parkplatz stand! Ein völlig fremder Mensch!
Als er dann anschließend seinen Kumpel im Rollstuhl direkt an den Abhang schob, um von diesem auch noch ein paar Fotos zu machen, war das echt zuviel für meine schwachen Nerven. Ich drängte den Gatten zum Aufbruch. Sofort! Jetzt! Schwitz!
Etwas später trafen wir die beiden Jungs wieder. Unversehrt. Ich war sehr froh, möchte sie aber keinesfalls wieder sehen. Mir ist jetzt auch klar, wie das mit diesen Darwin-Award-Unfällen für Instagramfotos aussieht. Und es gefällt mir nicht.
Anschließend marschierten wir eine Weile am Kraterrand entlang – auf einem Wanderweg! – und ich muss wirklich sagen, dass ich selten auf einem so kurzen und relativ einfachen Weg so beeindruckt war. Alle paar Meter wechselten die Gesteinsformationen. Es gab Schichten unterschiedlicher Farbe, Caspar-David-Friedricheske Auftürmungen von Basaltplatten, wüstenartige Abschnitte. Ein echter Traum!
Und dann erschienen am Horizont schließlich die Umrisse der Observatorien auf dem Roque de los Muchachos. Sie wirkten wie von einem anderen Stern. Surreal und faszinierend.
Da prallten Welten aufeinander: die Urgewalt der Natur und science-fiction-artige, menschliche Technologie. Das war sehr faszinierend.
Erstmal noch ein paar Fotos vom Weg am Krater:
Wir fuhren dann natürlich anschließend noch hoch zum Ausichtspunkt auf dem Roque de los Muchachos. Die beiden Straßenfotos sind aufgrund der mittlerweile tiefstehenden Sonne eher suboptimal ausgeleuchtet, aber trotzdem irgendwie spannend:
Wir schauten uns dann auch noch die Obervatorien und den tollen Mainzer Schott-Spiegel etwas genauer an und staunten lustig weiter.
Die Abfahrt über eine weitere „Oh-mein-Gott-ist-mir-schlecht!“-Serpentinenstraße ließ sich leider nicht vermeiden. Aber, Ilse, ich schwöre, es lohnt sich! Fahr‘ notfalls selbst. Dann isses weniger schlimm.
Durch die untergehende Sonne wurde der Gattenchauffeur unterwegs zwar fast blind, aber der Sonnenuntergang über dem Meer war es wert. Dass er einem todesmutigen kleinen Hund gerade noch so ausweichen konnte, lag nicht an den Sichtverhältnissen, sondern daran, dass der Hund offensichtlich vollkommen verblödet war.
Aus dem Plan, noch einmal im „Playa Mont“ in Puerto de Tazacorte einzukehren, wurde leider nichts. Es hatte geschlossen. Mittwochs UND gleich auch donnerstags. Mist! Kurzentschlossen entschieden wir uns für das „Bodegón la Abuela“ in El Paso, das sich dann glücklicherweise auch als ausgezeichnete Wahl erwies. Jeweils eine geteilte Portion Pimientos de Padrón, Queso asado con dulce de Guayaba y mojo verde, Setas a la plancha, Lapas (!) und Gambas selbajes al ajillo. Später entschieden wir uns auch noch für Postres: einmal Principe Alberto – eine Art Schokopudding mit Nussstückchen – und einmal Crema de limón. Perfekt! Glücklich! Müde!
Bei den Desserts fiel die Wahl schwer. Ich wollte eigentlich unbedingt ein Bienmesabe – ebenfalls ein traditionell palmerisches Dessert – probieren, verschob es dann aber auf den nächsten Abend. Wir überlegten, noch einmal hierher zurückzukehren. Außerdem gab es das ja meistens auf der Karte.
Der nächste Tag war geprägt von zahlreichen „der/die/das letzte…“. Der Urlaub war angezählt. Der Tag begann mit des Gatten letztem Tauchgang, der seine Begeisterung für die Tauchbasis nicht gerade steigerte. Auf dem Weg „nach Hause“ wurde er durch einen üblen Motorradunfall aufgehalten. Kurz glomm in mir ein Funke Hoffnung auf, dass die letzte Wanderung würde ausfallen müssen. Schließlich wurde dann aber doch noch der Verletzte abtransportiert und der Verkehr geregelt. Dabei war es im Garten gerade gemütlich geworden. Remember: der Kaktus und ich.
Als der Gatte eintraf, brachen wir sofort zu unserer letzten Wanderung am Teneguia auf. Es ging wieder durch eine Wüstenlandschaft und durch einen Pinowald an einem Kraterrand entlang. Und ich war wieder so begeistert, dass mir die Strapazen nichts anhaben konnten. Es handelte sich schließlich um die letzte Nahtodeserfahrung des Urlaubs.
Bei dieser Gelegenheit: Palmerische Wälder scheinen desöfteren zu brennen. Und wir waren an diesem Tag in der Nähe eines historischen Ortes unterwegs. Und wir waren völlig fasziniert davon, dass die palmerischen Kiefern Waldbrände offensichtlich nahezu schadlos überstehen.
Die Rinden waren vollkommen verkokelt, aber überall spross frisches Grün. Die Bäume überleben offensichtlich selbst Waldbrände relativ problemlos: Die Pino Canario. Erstaunlich.
Anschließend ging es zum letztenmal in den HiperDino in El Paso. Ich wollte unbedingt noch „Gofio“ besorgen. Habe ich dann auch getan. Und der Gatte transportierte es anschließend im Handgepäck. Aber darauf kommen wir bei Gelegenheit noch einmal zurück. Nämlich dann, wenn ich daraus etwas herstellen werde.
Schließlich ging es zum letztenmal nach Puerto Naos, um die Tauchsachen des Gatten in der Tauchbasis abzuholen. Wir wollten eigentlich gleich zurück nach El Paso, aber der Sonnenuntergang in Puerto Naos war zu schön. Der Gatte organisierte uns zwei Eis.
Am Ende verbrachten wir etwa eineinhalb Stunden auf einer Bank an der Waterfront und genossen einfach den letzten Abend.
Und als wir uns schließlich losrissen und zum Auto gingen, kamen wir in einer Seitenstraße an einem Restaurant vorbei, das irgendwie anders aussah als die Restaurants im Hafen an der Fressmeile. Ich schaute mir die Karte an. Wir checkten Bewertungen. Und wir beschlossen, es auszuprobieren. Eine wirklich, wirklich gute Idee!
Wir hatten Glück und erwischten ohne Reservierung noch einen Tisch. Kurz danach war der Laden voll. Unter anderem auch voller Einheimischer. Es gab palmerische Küche vom Feinsten zu absolut überraschenden Preisen. Ich habe nicht alles fotografiert, was wir gegessen haben, aber es war alles genial.
Ich hatte übrigens das dritte Kaninchen in einer Woche – und es war auch das beste. Die Thunfischkroketten und der Käse waren köstlich. Ein würdiger letzter Abend!
Und als ich mit letzter Kraft entschied, dass ich jetzt unbedingt noch ein Bienmesabe essen wollte, war es ausverkauft. Verdammt! Ich werde es aber demnächst nachbauen und berichten.
Am nächsten Morgen stand nur noch die Fahrt zum Flughafen an. La Palma präsentierte nochmal einen herrlichen Sonnenaufgang. Das Foto aus dem fahrenden Auto bildet leider nicht die tatsächliche Stimmung ab. Am Flughafen selbst hatten wir etwas Probleme, das Auto loszuwerden. Aber es funktionierte am Ende.
Der Streik des Sicherheitspersonals in Düsseldorf pausierte gerade. Der Flug ging absolut pünktlich. An Bord gab es Boulevardzeitschriften fürs Friseurfeeling, Kaffee ohne Verschlabbern satt, seltsame, aber nicht ungenießbare Pasta und ein aus der „Brigitte“ herausgerissenes Rezept für einen Kuchen, den der Gatte verlockend fand.
Es folgte eine Rückfahrt im Auto bei absolutem Dreckswetter, eine Rückkehr in unser nach wie vor spülmaschinenfreies Heim und ein irgendwie sehr kurzes Wochenende.
Und montags war nach den ersten beiden Bürostunden der Erholungseffekt auch bereits wieder nahezu bei Null. Aber so ist das halt. Ich habe aber noch einiges an Ideen und Rezepten im Gepäck für die nächsten Tage.
Schlimm fand ich am Ende bei der Fotobearbeitung den Kontrast zwischen Abflug- und Landungsfoto. Da wäre man am liebsten sofort zurückgeflogen. Ich denke aber mal, dass das nicht unser letzter La-Palma-Urlaub war. Das war toll.