… Pärdscheiß‘ rond – jett en schöne Kirmesbond!“
Ich übersetze das mal nicht in Hochdeutsch, weil es schon auf Platt meine Mutter regelmäßig in Wallung brachte. Jedenfalls, wenn mein Vater das zitierte. Dann schallte ihm stets ein entsetztes „Jupp!“ entgegen. Manchmal gar gefolgt von einem „Versündisch dich net!“ Heftigere Reaktionen löste nur das bisweilen – im Nachhinein betrachtet regelrecht rebellische – „Kain schlug seinen Bruder Abel mit der Gabel auf den Schnabel, dass er flog bis in den Chausseegraben“ meines exmessdienernden Vaters aus.
Der nach wie vor die gesamte lateinische Messe aus der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil auswendig aufsagen kann. Aber egal. Zurück zum „Kirmesbund“.
Ich tue jetzt etwas, das ich noch nie getan habe: Ich nehme an einem sogenannten Blog-Event teil. Das hat zwei Gründe. Erstens bin ich etwas traurig, weil dies der letzte Bread Baking Day aller Zeiten ist. Und ich werde ihm hiermit die letzte Ehre erweisen, weil ich ihn irgendwie ins Herz geschlossen habe. Ohne je daran teilgenommen zu haben.
Zweitens war mir bereits seit der Ankündigung klar, dass das eigentlich ein perfekter Grund wäre, mal endlich in den Rezepten meiner Oma Greta zu wühlen und ihren Kirmesbund nachzubacken. Und ihr Kirmesbund war echt der Hit. Als ich eben feststellte, dass ich noch exakt fünf Stunden Zeit habe, wurde es etwas hektisch.
Letztendlich fand ich tatsächlich die Rezeptsammlung der Oma, die mir irgendwann von meiner Mutter überreicht worden war. Und neben handgeschriebenen Rezepten – stets akkurat mit Quellenangabe – fanden sich darin zahlreiche Heiligenbildchen, Totenzettel und Gebete.
Oma Greta wohnte in meiner Kindheit „unten“. Wir wohnten „oben“. Sehr praktisch, zumal Oma Greta die Art von Oma war, die immer Zeit hatte. Mit Abstand betrachtet lag das natürlich daran, dass der dazugehörige Opa Toni – ich hatte zwei Opa Tonis… – sich um den Haushalt kümmerte, während Oma Greta stundenlang mit uns Herzblättchen, Mau-Mau oder später auch 31 spielte. Sie mischte die Karten wie ein Profi. Minimum Las-Vegas-Style. Das war toll. Allemal für eine Oma in Schürze. Sie ist die in der Mitte auf dem Foto. Und sie war ein ausgesprochen fröhlicher Mensch. Sieht man ja.
Jedenfalls scheint Oma Gretas Rezept aus einem Dr.-Oetker-Kochbuch von Was-weiß-ich-wann zu stammen, das noch in Fraktur gedruckt ist. Deckel und äußere Seiten fehlen leider mittlerweile. Da kein handgeschriebenes Kirmesbund-Rezept von ihr drin liegt, hat sie wohl das aus dem Buch verwendet. War ja damals nicht so, dass man regalweise Back- und Kochbücher zur Auswahl hatte.
Das Rezept heißt „Napfkuchen mit Quark“. Und ich stelle entsetzt fest, dass es sich nicht um einen „Hefe“-Gugelhupf handelt. Der war gefordert. Hefe… Verdammt! Hier ist jedenfalls das Original. Ich buk die Hälfte der Menge in einer kleinen Gugelhupfform. Bin ja immer noch auf Diät. Grrrr…
Zutaten
- 125 g Butter
- 200 g Zucker
- 2 Eier
- 250 g Quark
- 2 P. Vanillezucker oder 1 Fläschchen Backöl Zitrone
- 350 g Weizenmehl
- 1 P. Backpulver
- 75 g Mandeln gemahlen
- 75 g Rosinen
Anleitung
- Die Butter rührt man schaumig, gibt den Zucker und nacheinander die Eier hinzu, danach den abgelaufenen, durch ein Sieb gestrichenen Quark und die Gewürze. Dann wird das mit Backpulver gemischte und gesiebte Mehl dazugerührt.
- Die abgezogenen, geriebenen Mandeln und die gereinigten Rosinen kommen zuletzt in den Teig. Er muss sehr fest sein.. Man füllt ihn in eine gefettete, mit Semmelmehl ausgestreute Napfkuchenform.
- Backzeit 60-70 Minuten bei schwacher Mittelhitze.
Ich nahm Korinthen statt Rosinen. Irgendwie waren die in meiner Kindheit beliebter. Und ich finde sie nach wie vor leckerer. Und ich ließ den „Bund“ respektive „Gugelhupf“ bei 175° Umluft etwa 50 Minuten im Ofen. Wohlgemerkt in einer kleinen Form.
Von Oma Greta gibt es noch zahlreiche Rezepte. Handgeschrieben auf Blättern von Blöckchen aus der Textilbranche. „Ackermann-Göggingen Markengarne“ oder „Gold-Zack – nichts hält länger“ oder auch „Joba, die gute Herrenkleidung“. Nicht zu vergessen „Der Güte wegen Gütermann“. Schleppte mein Vater aus der Firma an. Alle Schreibversuche meiner Kindheit spielten sich auf Papier, das uns von diesen Firmen verehrt wurde, ab. Danke übrigens nochmal dafür.
Im Prinzip war es das dann auch jetzt schon. Fröhliches Nachbacken allerseits! Auch ohne Hefe. Thema verfehlt. Pah!
so eine Rezeptsammlung wurde mir vor Jahren ebenfalls übergeben, samt der Rezepte auf beiliegenden, leeren Backpulvertütchen und Zeitungsausschnitten, gesammelt in einer kleinen Mappe, die einem Henriette Davidis Buch von 1877, 9. Auflage, beilag. Herrlich. Das Davidisbuch hat der Liebste mir in stundenlanger Arbeit restauriert, jetzt fällt es nicht mehr auseinander 🙂
(In Deiner obigen Zutatenaufzählung fehlt der Quark)
das ist toll, oder? ich wollte mich schon ewig mal ans nachbacken machen. hätte übrigens ein leeres vanillzuckertütchen mit einem rezept für vanille-mürbchen zu bieten 😀
auf das werbeheftchen von „optimus-oblaten“ muss ich zwingend bei gelegenheit auch mal näher eingehen ^^
ich glaube, mein buch ist nicht mehr zu retten. zuviele lose blätter, von denen ganze teile fehlen. das verlangt schon beim blättern ein höchstmaß an fingerspitzengefühl. vom nachbacken ganz zu schweigen.
(danke! quark ist jetzt drin)
Setzen! Thema wahrlich verfehlt! 😉 Dafür ist die Geschichte dazu köstlich und der Gugel sowieso, auch wenn ohne Hefe. Ich wollte schreiben, vielleicht klappt’s beim nächsten Mal, aber war ja der letzte BBD. 😉
ja. war ja klar. etwa zwei minuten nach dem beenden des blogposts. thema verfehlt hin, thema verfehlt her – er war ziemlich schnell weg. und das ist die hauptsache 😀
immerhin habe ich mich endlich an das rezept-erbe gemacht.
und: wahrscheinlich bin ich einfach nicht für blog-events geeignet… ^^
Wunderbarer und persönlicher Post 🙂 Das Rezept hört sich wirklich lecker an. Und die Geschichte dazu! Hört sich nach einer ganz tollen Oma an. 🙂 Viel Spaß weiterhin mit der Rezeptsammlung. Das hört sich wirklich spannend an so was zu haben und darin zu stöbern. Da bin ich doch glatt etwas neidisch 😉 Liebe Grüße, Nora
danke! =)
in den oma gretas rezepten werde ich sicher noch eine weile blättern. überlege schon die ganze zeit, mal den bienenstich zu testen. ich erinnere mich dran und fand den lecker. prinzipiell finde ich aber jeden bienenstich lecker 😀
Oh ja, Bienenstich ist leeeecker 🙂