Ich mach‘ mal da weiter, wo ich gestern Abend in die Tastatur gekippt bin. Inzwischen sind alle Fotos bearbeitet. Das ist doch schon mal was.
Zurück in die „Eselskneipe“ also. Die Eselskneipe heißt gar nicht Eselskneipe, sondern „Το Σιεραδικο“ bzw. „To Sieradiko“ – übersetzt „Die Schmiede“, und sie liegt in der Nähe der Lazaruskirche. Auf die Gefahr hin, dass wir nie wieder einen Tisch bekommen werden – das Ding ist eh schon reichlich überlaufen, weil eher klein – hier der Link zu TripAdvisor.
Am ersten Abend hatten wir Glück, beim nächsten und überübernächsten Versuch war kein Platz mehr zu kriegen. Einmal schafften wir es trotzdem noch. Puh! Dazu später.
Pluspunkte: freundliche Bedienung, überaus köstliche Meze, „Leon“-Ausschank. Einziger Minuspunkt: kein Kaffee! Mussten wir halt nach dem Essen auf Emergency-Ouzo ausweichen. An dieser Stelle: Der Zypriot isst gern. Und viel. Und es muss stets so viel sein, dass der Tisch nach dem Essen noch voll ist. Wenn man die Wahl hat: stets kleine Meze bestellen. Niemals große! Nienieniemals!
Bei unserem „Schmied“ gab es 14 verschiedene Meze. Und die schafften uns. Gleich an zwei Abenden. Am ersten waren wir sehr ausgehungert, weil wir seit einem Brötchen am Morgen nicht mehr gegessen hatten. Und doch stießen wir an unsere Grenzen.
Ich denke, das kann man trotz der üblen Fotoqualität (hier: Handy in schummriger Taverne) mal einfach so unkommentiert stehen lassen. Mache ich jetzt auch.
Am Ende schleppten wir uns und unsere übervollen Bäuche mühsam zurück zur Wohnung. Da war ich echt froh, dass diese nicht um die Ecke lag. Die Bewegung an frischer Luft war dringend nötig. Und der Gatte musste früh raus zum ersten Tauchgang. Erschöpft sanken wir schließlich unter unserem hochromantischen Wandtattoo in unserem rosa Schlafzimmer ins Bettchen. Fresskoma nennt man das wohl unromantischerweise.
Der Morgen begann echt hart. Hatten wir doch noch keinen Kaffee im Haus. Im Hängeschrank fand sich ein Beutel Nescafé-3in1. Kannte ich vorher nicht. Und muss ich jetzt wieder wochenlang mühsam verdrängen. Egal. Es war Koffein drin, und es war heiß und flüssig – zumindest nachdem ich den Wasserkocher in Betrieb genommen hatte. Dunkel war es nicht, weil ja 3in1. Gulp. Wie gesagt: Egal!
Der Gatte brach auf – und bekam in der Tauchbasis Kaffee. Ich setzte mich auf den Balkon in die Sonne und las. Mein Neukölln-Buch-Geschenk. Zwischendurch schlief ich kurz. Der Gatte tauchte früher als erwartet wieder auf. Der zweite Tauchgang musste wegen des starken Windes abgesagt werden.
Nicht weiter schlimm. Wir fuhren erstmal einkaufen. Kaffee zum Beispiel. Und irgendwas, um ihn zuzubereiten. Billige Plastikfilter gab es nicht. Aber Filtertüten. Die würde ich erfahrungsgemäß ohnehin zur Tomatensaatgutsicherung benötigen. Ab in den Wagen damit!
Am Ende erstand ich einen Dreierpack von diesen im Süden Europas außerordentlich beliebten Aluformen, in denen Hausfrauen normalerweise ihre Küchenerzeugnisse zu den Nachbarn oder auf Feste transportieren. Das sollte behelfsmäßig irgendwie gehen.
Zudem natürlich reichlich Gemüse und andere überlebenswichtige Dinge. Das da vorne links auf dem Foto ist übrigens eine „Kolokasi“. Ich nahm sie mit, weil ich sie nicht kannte. Und weil es so wirkte, als ob das hier ein Grundnahrungsmittel sei. Mengenmäßig war sie im Gemüseregal jedenfalls reichlich vertreten.
Sowas reizt mich ja immer – auch wenn ich nicht die leiseste Ahnung habe, was ich damit anstellen sollte. Mittlerweile weiß ich es. Aber auch dazu später mehr.
Nach dem Einkauf fuhren wir zum Nissi Beach – dem schönsten Strand auf Zypern. Sage ich jetzt mal so. Wer einen schöneren kennt, kann gerne widersprechen.
Der Wind wurde stärker und stärker. Der Strand war absolut menschenleer. Das mag ich für Fotos ja ganz gerne. Dass wir nach dem Strandspaziergang aussahen, als ob wir unterwegs in mehrere Steckdosen gegriffen hätten, machte nix. Uns kennt ja dort niemand. Und im Prinzip kehrten wir sandgestrahlt zum Auto zurück. Keine Ahnung, ob das gut für die Haut ist. Wahrscheinlich ist das in unserem Alter ohnehin unerheblich.
Als die Einkäufe verstaut und wir wieder einigermaßen menschenwürdig in Form gebracht waren, beschlossen wir, der Eselsbar einen erneuten Besuch abzustatten. Gute Idee, leider voll besetzt.
Aber der Gatte wäre nicht der Gatte, hätte er nicht einen Plan B. Der Plan B hieß in diesem Fall „1900 Art Café“ und war ein guter Plan. Ebenfalls nahe der Lazaruskirche, und am Ende waren wir sehr begeistert.
Interessantes Ambiente (und in diesem Fall meint „interessant“ mal nicht die kleine Schwester von Scheiße), überaus nette und witzige Bedienung, gutes Essen. Genau das, was wir brauchten. Als Vorspeisen nahmen wir Auberginen (köstlich! in Tomatensud), Local Cheeses (Halloumi, Feta, Hartkäse) und Garlic Bread – alles außerordentlich gut. Es folgten für den Gatten Fleischbällchen in Tomatensauce und für mich Huhn mit Orangen-Thymian-Knoblauchsauce. Jeweils mit Beilagen.
Dann gab es Kaffee. Und Ouzo aufs Haus („Für meine Freunde. Für meine guten Freunde!“). Nach Hause ging es an der hell erleuchteten Lazarus-Kirche vorbei. Und: Yeah! Wir waren satt und glücklich und nicht total überfressen.
Am nächsten Morgen bereitete ich Kaffee zu. Mit Hilfe meiner kongenialen Konstruktion. Ausgezeichnet – aber schwierig. Filtertüte in durchlöcherter Aluschale in Nudelsieb in Topf. Ging einigermaßen, wirkte aber deutlich verbesserungswürdig.
Nachdem der Gatte angefüllt mit Koffein bis unter den Taucheranzug die Wohnung verlassen hatte, fand ich hinter den Töpfen eine französische Kaffeepresskanne. Na toll…
Daraufhin musste ich erstmal wieder eine Runde in der Sonne lesen. Wie soll man soviel Dummheit auch sonst aushalten?! Immerhin waren die künftigen Frühstücksvorbereitungen gerettet. Das tröstete mich etwas.
Als der Gatte zurückkehrte, starteten wir nach Paphos durch. Aphrodite-Heiligtum und römische Mosaike standen auf dem Plan. Wir hielten zuerst in Kouklia an, um uns Aphrodite zu widmen. Bei der Gelegenheit: Zypern ist die „Insel der Aphrodite“. Das merkt man schon beim Wein. „Aphrodite“ ist sozusagen der Hauswein der Insel und stammt aus dem Hause Keo, das auch das laut dem Gatten ungenießbare gleichnamige Bier verlegt. Der Wein ist trinkbar, und es gibt ihn praktisch in jedem Supermarkt. Geht doch für eine Ahnungslose wie mich. Muss nur kalt sein.
Unterwegs machten wir einen Zwischenstopp am Governor’s Beach. Hier kündigte es sich bereits an: Die Luft war etwas diesig und der Himmel etwas weniger blau. Seltsam. Irgendwann erfuhren wir dann, dass Wüstenstaub aus Libyen herübergeweht worden war.
Das beeinträchtigte zwar nicht den Urlaub, aber dessen Fotoqualität.
In Kouklia huldigten wir dann erstmal Aphrodite ganz ohne Wein. Der Eintritt von EUR 4,50 lohnt sich doppelt, da man mit der Karte anschließend auch die Ausgrabungsstätten in Alt-Paphos besichtigen kann. Wir wussten das nicht und kauften neue, fühlten uns anschließend aber irgendwie edel, weil wir das Gefühl hatten, damit die Ausgrabungen entscheidend vorangebracht zu haben. Und das wäre es definitiv wert.
Selbst der Gatte war völlig enthusiasmiert und rezitierte an den passenden Stellen Passagen aus dem Reiseführer, die mir den Aphrodite-Kult näherbringen sollten. Er sann nach Möglichkeiten, diesen mit dem Christentum zu verschmelzen.
Ich zitiere mal kurz aus „Zypern“ aus dem Michael-Müller-Verlag (i.ü. unsere bevorzugten Reiseführer für alle Destinationen!): „Ob die ‚Töchter des Kinryas‘ nun berufsmäßige Tempelprostituierte oder junge Frauen waren, die ihre Jungfernschaft der Göttin opferten, ist unklar. Jedenfalls standen die Hure und ihr Gewerbe in der Antike in einem besseren Ruf als heute. Statt das Stigma der Unmoral zu tragen und zu einer Existenz am Rande der Gesellschaft verurteilt zu sein, galt die Prostituierte als sozial und erzieherisch wichtig, zumal der Verkehr mit einer ‚Priesterin der Aphrodite‘ dem Mann ja göttlichen Segen bescherte. […] Der römische Dichter Terenz berichtet in seiner Komödie ‚Die Brüder‘ von einem Mann, der ganze Schiffsladungen junger Mädchen nach Zypern schickte. Pompeius Trogus weiß von Zyprerinnen, die von ihren Eltern an den Strand geschickt werden (wo Aphrodite dem Meer entstieg), um sich dort vor der Ehe einem Fremden hinzugeben, und noch 399 n.Chr. spricht Claudianus von den Mädchen von Páfos, die ungeduldig die Schiffe der Fremden erwarteten.“
Natürlich fasziniert derartiges den Altphilologen! Gut zu wissen, dass der Gatte einem sich Zypern nahenden Schiff entweder völlig seekrank oder betäubt von Medikamenten gegen Seekrankheit entsteigen würde.
Anschließend waren wir dann ein wenig vertrocknet und kehrten in der nahegelegenen „Gabriels Michaels Tavern“ in Kouklia ein. Wir bestellten Wein, zypriotischen Kaffee und Knoblauchbrot mit vier Dips (Taramosalata, Hummus, Tsaziki und Tahini). Wir saßen in der Sonne und fanden es toll. Wir unterhielten uns mit dem Inhaber, der ein außerordentlich netter und hilfsbereiter Mann ist.
Als wir schließlich bezahlten, gab es aufs Haus einen wirklich fabelhaften zypriotischen Orangenkuchen. An einer Rekonstruktion werde ich in Kürze arbeiten. Wie wir zwei Tage später erfuhren, werden in diesem Kuchen die kompletten Orangen verarbeitet. Auch das Weiße mit dem schlechten Ruf. Wie gesagt: Ich werde berichten.
Anschließend ging es gestärkt nach Paphos. Ziemlich touristisch die ganze Sache – also vor allem die Uferpromenade. Ein Souvenirladen am anderen. Unser Ziel war ja allerdings Alt-Paphos. Ich musste leider zwischenzeitlich notfallmäßig die Strandtoilette aufsuchen, die nicht wirklich empfehlenswert ist.
Dafür sieht sie nett aus.
Um uns herum reines Ibiza-Feeling. Shiny happy people und so. Und dann stießen wir auch noch auf den Zieleinlauf eines Radrennens. Manchmal bleibt einem wirklich nix erspart.
An der ersten Bude nach dem Strand hing Mr. Pink. Und auch wenn Astrid behauptet, er sei es nicht höchstselbst, bin ich doch der Meinung, dass er sich mal eine kurze Auszeit aus seinem Winterquartier genommen hat. Offensichtlich völlig unbemerkt. Jetzt mal ehrlich. Das isser doch, oder?!
Raus aus dem Gewimmel und rein in das Museum! Am Abend waren wir wirklich völlig begeistert. So etwas Schönes sieht man selten. Außer der gefakten Ray-Ban-Sonnenbrille, die mir der Gatte zwischendurch verehrte, weil ich keine dabei hatte und zu erblinden drohte.
Wer auf Zypern ist, sollte auf alle Fälle die Ausgrabungsstätten in Paphos mitnehmen. Das war wirklich beeindruckend.
Das ist nur eine kleine Auswahl von meiner 16-MB-Speicherkarte aus Paphos. Es ging komplett mit mir durch. Sehr lustig auch die Darstellung von Dyonisos im Haus des Dyonisos. Hier nochmals ein Reiseführer-Zitat: „Dyonisos opfert der Nymphe Akme, die ihm zuprostet. Neben ihr lenkt Ikaros, König von Athen, […] ein Ochsengepann voller Weinkrüge. Rechts torkeln zwei Hirten, von denen die Inschrift erzählt, dass sie die ersten Betrunkenen gewesen seien.“
Ich spielte zwischendurch kurz mit dem Gedanken an ein Hera-Mosaik in der Küche, aber leider gibt es ja heute statt Arbeitssklaven nur noch diese „Handwerker“. Ich verwarf den Gedanken.
Nach unserer Rückkehr gab es das Abendessen „zu Hause“. Aus dem Gemüse – außer der Kolokasi, die mich überforderte – und ein paar Nudeln stellte ich etwas Essbares her. Weniger genießbar war am Ende die Kombination aus Teller, Wachstuch und Besteckdesign, aber das störte uns nicht wirklich. Ich habe lange überlegt, ob andere Menschen stark genug für den Anblick sind. Ich beschloss, dass es mir egal ist. Nehmt dies!