Vorab: Der Titel erklärt sich erst am Ende des Blogposts. Es ist also etwas Geduld gefragt. Mittwochs ging’s nach Victoria. Vorher, währenddessen und hinterher erledigten wir wahnsinnig wichtige Einkäufe bei Grech’s Bakery, beim Bookworm, beim House of Gozo und schließlich bei Ta‘ Mena. Beim Gespräch mit Maria in Ta‘ Mena erfuhren wir, dass es seit dem Frühling überhaupt nicht mehr geregnet hatte. Die Olivenernte hatte in diesem Jahr nur etwa ein Fünftel des Ertrags des Vorjahres erbracht. Und der Regen wurde sehnlichst erwartet.
Wir hielten unterwegs im botanischen Garten Ta‘ Kenuna in Nadur an. Und wir waren wieder sehr enttäuscht, das Chamäleon von 2017 nicht anzutreffen. Wir waren seitdem jedesmal dort und es handelt sich mittlerweile auch irgendwie mehr mehr um einen Running Gag. Aber wir geben nicht auf.
Am Ende verstauten wir reiche Beute im Kofferraum: allerlei Essbares, Wein und Olivenöl von Ta‘ Mena, die wichtigen Mandelgebäckstücke von Grech’s Bakery, ein paar Geschenke, das obligatorische Cini-Salz (meine Vorräte sollten dann jetzt für die nächsten Jahre ausreichend sein), ein Kaktusküchenhandtuch und ein Buch namens „Tastes like Gozo“. Daraus gibt’s dann gleich mit diesem Blogpost ein etwas improvisiertes Rezept.
Victoria und die Ċittadella
Nach einer Runde durch die Gässchen von Victoria suchten wir uns abseits vom total überlaufenen St. Georges Square, auf den offensichtlich ein Kreuzfahrtschiff seinen Inhalt entladen hatte, ein Plätzchen für einen Kaffee und statteten dem Bellusa mal wieder einen Besuch ab. Der Besitzer steht trotz seines hohen Alters immer noch hinter dem Tresen. Wir hoffen, das bleibt noch lange so. Er ist ein ausgesprochen netter Mensch.
Ich habe dann auch mal ein Foto des Hauses gemacht, zu dem meine Lieblingstür mit den Pfauen gehört. Leider kann der Gatte meine Begeisterung für ein stark renovierungsbedürftiges Stadthaus an einer von Victorias Durchgangsstraßen nicht teilen. Er unterschätzt das Potential des Hauses. Definitiv. In Maklersprache heißt sowas „House of Character“. Und ich bin sicher, es hat einen vielleicht etwas verwahrlosten, aber entzückenden Garten im Hinterhof.
Wir drehten der Vollständigkeit und des herrlichen Wetters halber noch eine Runde durch die Ċittadella. Immer wieder ein Traum. Man fühlt sich wie in eine andere Zeit versetzt. Und dieser Panoramablick! Über Tas-Salvatur und Marsalforn Richtung Meer. Und praktisch in alle Richtungen über die gesamte Insel.
Għarb – bislang total unterschätzt
Abends ging’s zum Essen nach Għarb. Għarb ist etwas größer als Għasri, liegt aber irgendwie gleich nebendran. Ich hatte zwar bereits ein Blogpost nach Għarb (The World according to Għarb) benannt, aber irgendwie kannten wir es immer nur vom Durchfahren. Das musste sich ändern.
Wir suchten nach etwas unkompliziertem Essbarem und der Gatte tat das Għarb Rangers Bar & Restaurant auf. Es ist auf den Inseln nicht unüblich, dass Vereine eigene Restaurants haben. Die Għarb Rangers hatten dieses. Es gibt zwei getrennte Gasträume: eine Bar mit ausgezeichneten Single Malts, denen der Gatte sich gerne gewidmet hätte, wenn er nicht der Fahrer gewesen wäre, und einen größeren Raum mit Tisch und Stühlen, in dem Essen serviert wurde.
Erstmal zum Ort selbst: Rund um die Kirche sieht es so aus, wie es mal auf Gozo ausgesehen hat. Sehr hübsche Sandsteinhäuser mit Steinbalkonen, ein architektonischer Traum. Im Restaurant selbst hätte ich am liebsten den Fliesenboden mitgenommen. Es gab zwei Muster. Ich konnte mich nicht recht entscheiden, begnügte mich dann aber mit der Hälfte der Vorspeisenplatte und einer Postion selbstgemachter Ravjul tal-Irkotta. Der Gatte bestand auf Pizza. Das gesamte Essen war absolut solide und schmeckte hervorragend.
Der Ort war mit Fähnchen geschmückt wegen des bevorstehenden Kite & Wind Festvals. Wir waren in den vergangenen Jahren mal zu früh, mal zu spät, mal hatten wir’s verpeilt. Diesmal fiel es genau auf unser Abreisewochenende und wir beschlossen, es uns anzuschauen. Und wir reservierten für den Folgeabend erneut einen Tisch in Għarb – diesmal im vielgelobten Il-Kunvent.
Gehen Sie weiter. Hier gibt’s nichts zu sehen.
Genau. Der nächste Tag verlief nämlich völlig ereignislos. Abgesehen davon, dass das Einhorn diesmal mich abwarf. Es gibt Schlimmeres. Nachdem der Gatte vom Tauchen zurück kam, verbrachten wir den gesamten Tag bei herrlichem Wetter lesend am und auf dem Einhorn treibend im Pool. Wozu hatten wir ihn schließlich?! Herrlich war’s!
Abends machten wir uns dann frisch und munter erneut auf den Weg nach Għarb. Und abermals wurden wir nicht enttäuscht. Im Gegenteil! Das Il-Kunvent ist mein neuer Geheimtipp! Das Essen war ein Traum. Wir saßen draußen auf der Terrasse und genossen den Abend. Und das perfekte Essen. Auch wenn die Handyfotos das wegen der Lichtverhältnisse nicht wirklich wiedergeben.
Von oben links nach unten rechts: Pan seared Tuna Belly Bruschetta, Nduja Flatbread, Garganelli Amatriciana, Traditional Braised Rabbit. Und es war so: Bäm! Bäm! Bäm! Bäm! Jeder Teller ein Volltreffer. Vom Kaninchen blieb nicht viel übrig. Und es war eins der besten, die ich je hatte. Da konnte jemand richtig gut kochen.
Da der nächste Abend bereits unser letzter sein würde, reservierten wir gleich noch einen Tisch. Wieso woanders hin, wenn das hier so genial war?! Eben!
Wolken über Ta‘ Pinu, Għammar Hill & Dwejra
Am nächsten Tag war leider unser strahlend blauer Himmel Geschichte. Es sah sogar nach Regen aus. Wir freuten uns für Maria. Und machten uns auf den Weg nach Ta‘ Pinu. Ein Besuch dort war Pflicht.
Wie das alles bei Sonnenschein aussieht kann man hier sehen: Eat Pray Love – the Gozitan Way. Vor allem die Fotos vom Kreuzweg auf den Għammar Hill wirken halt mit blauem Himmel deutlich besser.
Diesmal hatten wir aber nunmal keinen blauen Himmel. Aber wir marschierten den Kreuzweg trotzdem und erfreuten uns am hervorragenden Panoramablick von oben. Und Kreuzfahrttouristen gab es auch keine. Fast niemand außer uns war auch nur ansatzweise interessiert.
Da anschließend noch reichlich Zeit war, fuhren wir nach Dwejra. Und wir liefen unterhalb des Watchtowers Richtung Fungus Rock. Und ich kam noch zu sehr hübschen Fotos, obwohl ich mir in dieser Hinsicht eher wenig versprochen hatte. Tiefstehende Sonne auf Sandstein, wilde Wollken und schließlich noch ein Sonnenuntergang on top.
Und damit war dann auch der letzte Tag auf Gozo zu Ende. Ein Urlaubstag blieb noch, aber wir hatten beschlossen, wegen des frühen Abflugs bereits mittags nach Malta überzusetzen und in einem Hotel in Flughafennähe zu nächtigen.
Hinzu kam, dass unser netter Vermieter Daniel sich meldete, weil er mit uns sprechen wollte. Er kam abends vorbei, um sich zu erkundigen, wann unser Flug gehe, um uns zu raten, möglichst früh nach Malta überzusetzen, da es ein Unwetter geben würde und die Gefahr bestand, dass der Fährverkehr eingestellt würde. Unser Plan war ohnehin, eine Fähre am frühen Nachmittag zu nehmen. Er war beruhigt.
Letzter Abend in Għarb
Aber wir hatten ja noch ein letztes gozitanisches Abendessen vor uns. Das Il-Kunvent gab nochmal alles. Wir teilten uns eine Vorspeise (Beef Tartar, Romesco, Mustard Seeds, Grilled Foccacia & Ricotta Salata), damit wir uns anschließend auch noch ein Dessert teilen konnten (Dulce de leche & white chocolate fondant with vanilla icecream). Clever!
Das war wirklich auch beim zweiten Besuch ein echtes Highlight. Und wir wissen auch schon, wo wir nächstes Jahr den ersten Tisch reservieren. Satt und glücklich ging’s zurück nach Għasri.
Kite & Wind – leider ohne blauen Himmel
Am nächsten Morgen packten wir alles zusammen. Unsere Koffer wogen etwa doppelt soviel wie bei der Anreise, aber das gehörte ja zum Plan. Bevor wir zur Fähre wollten, hatten wir entschieden, noch kurz beim Kite & Wind Festival vorbeizuschauen. Es war sehr bewölkt und leider war nicht mit den Bunte-Drachen-am-blauen-Himmel-Fotos zu rechnen, auf die ich aus war.
Und obwohl es sehr düster war, hat es sich gelohnt, vorbeizuschauen. Mein Favorit war der Walhai.
Vom Festival ging’s zur Fähre. Unsere Serie riss. Wir landeten auf der Gaudos nach unzähligen Fahrten mit der Ta‘ Pinu. Ein letzter Blick auf Gozo. Mach’s gut. Bis nächstes Jahr.
Kirkop? Was ist das?
Das war meine Frage, als der Gatte mir verkündete, wo auf Malta wir die letzte, halbe Nacht verbringen würden. Nie gehört. Aber direkt am Flughafen. Klang nicht sehr verlockend. Egal. War ja nur für ein paar Stunden. So mein Gedankengang.
Eigentlich wollten wir auch noch einen Zwischenstopp in der Singita Miracle Beach Bar einlegen, aber auf der Zufahrtsstraße war ein Stau, der von Minute zu Minute länger wurde. Wir beschlossen, den Besuch zu verschieben und direkt nach Kirkop zu fahren.
Als wir im Hotel eintrafen, waren wir überrascht. Positiv überrascht. Wir waren in dieser Nacht die einzigen Gäste und man hatte uns die Suite mit Dachterrasse – und Jakuzi auf der Dachterrasse! – zugewiesen. Das Hotel selbst war wirklich toll. Ein altes Stadthaus, in dem sich sechs Hotelzimmer befanden. Sandstein, tolle Tür, zentral gelegen.
Kirkop wurde mir sympathisch. Noch sympathischer wurde es, als wir eine Runde durch den Ort drehten, um uns einen Snack oder ähnliches zu besorgen. Für Abendessen zu früh. Singita Miracle Beach unerreichbar. Irgendwas musste her.
Der Gatte ergooglete den St. Joseph Band Club. Wieder ein Restaurant, das irgendwie zu einem Verein gehörte. Da es nicht weit vom Hotel lag, machten wir uns auf den Weg. Am Ende blieb der Weg das Ziel. Kirkop war sehr hübsch. Der St. Joseph Band Club war noch hübscher – vor allem der Eingangsflur (siehe Stuck-Foto). Leider wurde gerade umgebaut und das Restaurant war geschlossen. Wir liefen weiter herum, entdeckten schließlich eine Filiale der Sphinx Pastizzeria und gönnten uns Pastizzi.
Es fing an zu nieseln. Wir gingen ins Hotel zurück und machten uns auf den sehr bequemen Betten lang. Die Nacht würde kurz sein. Unser Auto sollte um vier Uhr am Flughafen sein. Der Flug ging um 5:55 Uhr.
In Pizza Heaven
Als es Zeit fürs Abendessen wurde, einigten wir uns auf eine Pizzeria. Viel Auswahl gab es in Kirkop nicht. Wir gingen ohne große Erwartungen hin – und wurden genauso positiv überrascht wie beim Hotel. Die Pizza Box war der Dreh- und Angelpunkt des Nachtlebens von Kirkop. Familien saßen beim Abendessen, andere holten Pizza ab, im Fernseher lief Fußball. Wir bestellten ein Cisk und einen Wein. Beides war perfekt gekühlt und der Wein war deutlich trinkbarer als es „Hauswein“ gemeinhin ist.
Es gab einen riesigen Holzofen und eine Karte mit ausschließlich Pizza darauf. In sechzehn Varianten von 7,00 bis 13,50 EUR. Von der Pizza des Gatten (Maltija) gibt es kein Foto. Ich war zu intensiv mit meiner Tuna & Anchovies beschäftigt.
Kurz: Die Pizza war der Kracher! Der Teig war perfekt. Die Beläge ausgezeichnet. Wir waren im absoluten Pizza Heaven. Ich übertreibe nicht und habe es auch den Jungs beim Bezahlen ausdrücklich gesagt: Das war eine der besten Pizzen, die ich je gegessen habe. Der Gatte war der gleichen Meinung. Was für ein hervorragender Abschluss eines eigentlich nur als Notstopp geplanten Tages!
Rückreise im Zeitraffer
Der Rest ist schnell erzählt: Um drei Uhr klingelte der Wecker und wir schleppten uns zum Auto. Während der Gatte es ablieferte, saß ich mit den Koffern vor dem Flughafen auf einer Bank und döste halb vor mich hin. Wir schafften es noch in die beste Lounge der Welt und frühstückten. Die letzten Pastizzi!
Dann ging schließlich der Flug. Wir frühstückten nochmals im Flieger, landeten fast pünktlich und fuhren nach Hause.
Nach unserer Rückkehr fand der Gatte auf Facebook Videos von unserem Vermieter Daniel. Vor „unserem“ Haus waren keine Straße und Parkplätze mehr, sondern der Canale Grande. Għasri sah aus wie Venedig. Ein Venedig, bei dem jemand den Stöpsel aus dem Ausguss gezogen hatte. Der erste Regen der Saison auf Gozo fiel also gleich recht heftig aus.
Und: Wir waren zum perfekten Zeitpunkt auf der Insel. Wären wir eine Woche später dran gewesen, hätten wir am Anreisetag eine Arche gebraucht und am Abreisetag in Mġarr festgehangen. Diesen Freitag und Samstag kam es zu zwei Bombendrohungen auf die Gozo Ferry. Es dauerte Stunden, bis der Fährverkehr wieder aufgenommen werden konnte. Puh!
„Tastes like Gozo“
Ich hatte ja noch ein Rezept aus dem neuen Kochbuch angekündigt. Und ich habe gestern Abend auch ein auf den Tisch gebracht. Allerdings bedurfte es einiger Änderungen. Aus „Grilled Quails, Lentils and fresh Sheep Cheese“ wurde „Pan seared Chicken Breast, Lentils and dried Sheep Cheese“. Sorry. Nicht. Es war nämlich ausgesprochen gut.
Ich hatte halt bloß keine Wachtel mehr in der Gefrierung. Dafür aber Hähnchenbrust. Und der mitgebrachte Ġbejniet ist halt getrockneter Käse. Dafür gönnte ich den Linsen außer dem zusätzlichen Schluck Weißwein auch noch einen Schluck Sahne. Das waren aber auch schon alle meine Änderungen.
Hier mein abgewandeltes Rezept:
Zutaten
für das Geflügel:
- 2 Hähnchenbrüste in Stücke zerteilt
- 1 TL frischer Thymian
- 1 Zehe Knoblauch gerieben
- 0,5 TL frische Chili gerieben (ich friere immer welche ein zum Reiben) – ansonsten fein gehackt
- 25 ml Olivenöl extra vergine
- Meersalz & frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
für das Linsengemüse:
- 60 g getrocknete Linsen hier: Belugalinsen
- 50 ml Olivenöl extra vergine
- 1 Zehe Knoblauch gerieben
- 1 Zwiebel fein gewürfelt
- 1 Stange Lauch das Hellgrüne in Scheiben
- 0,5 Knolle Fenchel gehackt
- 1 TL frischer Thymian
- 2 Lorbeerblätter
- 1 Schluck trockener Weißwein
- 1 Schluck Sahne
- Meersalz & frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 1 Bund Blattpetersilie eher ein kleiner Bund, gehackt
- 100 g Ġbejniet ersatzweise: Pecorino, Parmesan oder einen anderen würzigen Hartkäse
Anleitung
Zuerst das Fleisch marinieren
- Hähnchenbrüste in Stücke zerteilen. Aus den restlichen Zutaten (unter "für das Geflügel") eine Marinade herstellen. Hähnchenfleisch rundum gründlich mit der Marinade massieren und darin durchziehen lassen.
Dann das Gemüse vorbereiten
- Linsen nach Packungsanweisung garen. Sie sollten noch etwas Biss haben. Richtig weich werden sie im zweiten Schritt in der Pfanne. Abspülen und abtropfen lassen.
- Öl in einer Pfanne erhitzen und Zwiebel, Knoblauch, Lauch, Fenchel, Thymian und Lorbeerblätter darin anschwitzen bis das Gemüse gar ist.
- Linsen zugeben. Einen Schluck Weißwein angießen und komplett einreduzieren lassen. Das gleiche mit einem Schluck Sahne wiederholen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Gehackte Petersilie unterrühren. Gemüse warmhalten.
Zurück zum Fleisch
- Pfanne erhitzen. Geflügelstücke aus der Marinade nehmen und von allen Seiten kräftig in Olivenöl anbraten. Das Fleisch soll außen Farbe haben und innen durch, aber noch saftig sein.
- Fleisch eventuell noch kurz bei niedriger Temperatur im Ofen nachziehen lassen.
Anrichten & Servieren
- Linsengemüse auf den Teller geben. Mit etwas Petersilie bestreuen und den Käse darüber hobeln. Fleisch dazu geben und mit dem ausgetretenen Bratensaft übergießen.
Ihr habt exakt den richtigen Zeitpunkt gebucht! Was für ein Glück!
Manchmal passt es halt genau. Da haben wir die richtige Herbstferienwoche erwischt 😀