Für den nächsten Abend hatte uns der Gatte eine Bootstour gebucht. Wir starteten im Hafen von Punat – der Tag war wettermäßig eher bedeckt gewesen. Am Abend zog gar ein Scirocco auf. Allerdings kein VW Scirocco. Mit dem wären wir locker fertig geworden, sondern der gleichnamige Wind. Wir kennen ihn bereits von Gozo. Dort heißt er Xlokk und sorgt dafür, dass anschließend tagelang Wüstenstaub in der Luft hängt. Der Gatte war nach seinem zweiten Tauchgang gerade so einem Regenguss entkommen. Für unsere romantische Sonnenuntergangstour sah es erstmal gar nicht gut aus. Und für meine Fotos der folgenden Tage auch nicht.
Kurz bevor es losgehen sollte, klarte es sich allerdings auf und wir waren wieder voller Hoffnung. Im Hafen von Punat wartete schließlich Captain Bobo mit seinem Taxi Boat auf uns. Er stellte sich als ein außerordentlich entspannter, freundlicher und kluger Mensch heraus. Absolute Empfehlung. Wir starteten mit ihm Richtung Plavnik durch.
Nachdem wir den Hafen verlassen hatten, blieb das Meer nicht sehr lange ruhig. Ich presste wieder mal ängstlich die Kamera an mich. Der Gatte fühlte sich an die guten alten Zeiten an Bord der Express Kotzelitis erinnert, war allerdings noch recht gut gelaunt. Irgendwann kam dann allerdings das Meer zu uns in Boot. Und Bobo meinte, wir sollten vielleicht doch lieber umdrehen. Wenn ER das schon sagt… Wir fügten uns…
Auf dem Rückweg in die Bucht von Punat, in der wir dann noch eine Runde um die kleine Insel mit dem Kloster Kosljun drehten, gelangen mir trotz bedecktem Himmel noch einige hübsche Fotos. Der Sonnenuntergang selbst war dann ohnehin keine Offenbarung. Wer braucht schon Sonnenuntergänge für romantische Bootstouren?! Pah! Wir verabschiedeten uns von Bobo und suchten uns einen Tisch fürs Abendessen.
Wir hatten uns schon im Vorfeld aufs Restoran bocoon eingeschossen. Und es gelang uns tatsächlich, einen Tisch für zwei Personen zu ergattern. Wir entschieden uns für einen Pulposalat (der Chef) und die niedlichen Vorspeisensardellen (ich), und anschließend für Miesmuscheln in der vielversprechenden Buzara (Chef) und für Thunfisch in Sesamkruste (ich). Dazu Bier und Žlahtina. Das passte.
Der Gatte legte noch einen Käsekuchen nach. Ich war platt und nahm einen Espresso. Wir bestellten die Rechnung. Unser äußerst kommunikativer Kellner – der uns fatalerweise extrem an Gru aus „Despicable Me“ erinnerte – brachte sie uns. Dazu zwei riesige Gläser Rakija (Zitat: „Rakija ist das As im Ärmel, die Geheimwaffe gegen alles Schlechte, was dem Menschen passieren kann. Rakija tötet Bakterien ab, entlastet den Magen nach einem schweren Essen, lindert Muskelschmerzen, vernichtet Viren und desinfiziert sofort jede Wunde.“). Nun denn. Der Gatte musste noch fahren und so blieb diese Aufgabe an mir hängen. Wie sagt der Meenzer so schön: „Lieber de Mage verrenkt als em Wert was geschenkt!“
Ich fasse es kurz zusammen: Ich glaube nicht, dass sich morgens in meinem Körper noch irgendwo ein einziges, winziges Bakterium befand. Offene Wunden hatte ich leider nicht, um auch das zu testen…
Unser letzter voller Tag auf Krk brach an. Wir hatten eine ebenso volle To-Do-Liste. Zuerst ging es nach Vrbnik, um unsere Žlahtina-Vorräte aufzufüllen. Wir wollten nach reiflicher Überlegng noch ein paar Flaschen dieses perfekten Sommerweins mit nach Hause nehmen. Nachdem wir in der Stadt keinen Parkplatz finden konnten, gaben wir irgendwann entnervt auf. Auf dem Weg aus Vrbnik hinaus stießen wir auf das Weingut von Ivan Katunar. Mit Parkplätzen direkt vor dem Laden. Leicht außerhalb. Ich testete zwei Weine, weil der Gatte ja leider schon wieder fahren musste, und damit seine eigenen Interessen zum wiederholten Male selbstlos hintanstellte. Wir kauften zwei Kisten. Erledigt.
Weiter ging es nach Punat zum Auschecken bei der Tauchbasis. In einem Lebensmittelladen kaufte ich zwei Sorten Tomaten zwecks Saatgutgewinnung, und auf dem Rückweg hielten wir an einem Gemüse- und Honigstand an der Straße nach Malinska. Wichtige Lebensmittel eingekauft. Erledigt.
In Malinska suchten wir uns in der Nähe einer verfallenen sozialistischen Ferienanlage einen Parkplatz. Nachdem wir – zwischendurch im Wechsel mit einem anderen Autofahrer – eine kleine Ewigkeit lang vergeblich versucht hatten, dem Parkscheinautomaten einen Parkschein zu entlocken, gaben wir auf und begaben uns zum Paradiesweg. Der Weg war mir als „Spazierweg“ von etwa drei Kilometern Länge verkauft empfohlen worden. Ich trug an den Füßen erneut das Erzeugnis eines bekannten deutschen Wohlfühlschuhherstellers, das natürlich vollkommen ungeeignet war, den Weg ins Paradies in Angriff zu nehmen. Genauso ungeeignet wie zuvor auf dem Olive Trail.
Als wir in Njivice an der Popeye Beach Bar (sehr empfehlenswert!) eintrafen, trug der Gatte beide Rücksäcke. Ich humpelte. Wir ließen uns kurz nieder. Und hatten ein Déjà-vu. Diesmal war allerdings nicht mein Getränk die Todesfalle. Ich gelangte einerseits zur Erkenntnis, dass Hornissen intellektuell reichlich minderbegabt sein müssen, andererseits fiel es mir ein wenig schwer, dem stundenlangen Todeskampf eines Geschöpfs Gottes beizuwohnen. Und sie wollte einfach nicht sterben. Und ich wollte sie einfach nicht retten, weil ich befürchtete, dass sie mich anschließend anfallen würde. Ein Teufelskreis.
Sie lebte noch, als wir uns auf den Rückweg machten. Mehr möchte ich dann auch nicht darüber wissen.
Der Rückweg selbst sorgte dafür, dass mir vor allem mein rechter Fuß keinen Spaß mehr machte. Am Abend fand ich eine mehr als veritable Blase unter dem kompletten Ballen, die noch vom Olive Trail stammte und der ich jetzt den Rest gegeben hatte. Angesichts der Größe schien sie die WeltFußherrschaft an sich reißen zu wollen. Drecks-Öko-Schuhwerk! Merke: Zum Wandern gibt es nicht nur zufällig so etwas wie Socken und Wanderschuhe. Einfach mal probieren. Macht schon Sinn. Egal jetzt. Wichtiger: Niemand hatte während unserer Abwesenheit Strafzettel verteilt. Puh!
Am nächsten Morgen machten wir uns dann in aller Frühe auf zu unserer zweiten kroatischen Station: Murter, eine Insel, die den Kornaten vorgelagert ist. Die Kornaten hatten wir bereits einmal aus dem Flugzeug beim Überfliegen auf dem Rückweg von Santorini gesehen. Ein traumhaft schönes Archipel! Zumindest so weit sich das aus der damaligen Höhe beurteilen ließ.
Wir trafen mittags in Tisno ein und liefen noch ein wenig durch durch den Ort. Hier würde also für die nächsten Tage unsere Heimat sein. Tisno ist ein wirklich lustiger Ort, der zur einen Hälfte auf der Insel Murter, zur anderen auf dem Festland liegt. Die beiden Ortsteile sind durch eine Klappbrücke verbunden, die innerhalb der Saison lediglich einmal pro Tag – nämlich um 17 Uhr für eine halbe Stunde – für den Bootsverkehr hochgeklappt wird. In seiner unendlichen Weisheit hatte der Gatte uns vorsichtshalber auf der Festlandseite einquartiert.
Bevor wir unsere Wohnung beziehen konnten, die direkt an der Brücke mit Blick in den Hafen lag, machten wir einen kurzen Mittagsstopp in der benachbarten Konoba Tereža. Nach einem Thunfischtartar und ein paar Miesmuscheln fühlten wir uns ausreichend gestärkt, um unser Gepäck ins Haus zu schleifen und unsere Wasservorräte aufzustocken.
Das Häuschen war total niedlich mit einer herrlich schattigen Terrasse davor. Der Schatten kam vom darüber rankenden Wein. Fensterläden und Bank erinnerten an die Kykladen. Das Meer fast am Haus. Was will man mehr?!
Vor dem Abendessen drehten wir noch eine Runde über Murter – insgesamt eine ziemlich überschaubare Insel, deren derzeitige Bewohner sich größtenteils von zahlreichen Campingplätzen rekrutierten. Fürs Abendessen hatten wir uns ursprünglich die Konoba Berekin in Jezera ausgesucht, mussten allerdings feststellen, dass wir nicht die Einzigen mit diesem Plan waren. Bis Freitag ausgebucht. Verdammt!
Fast direkt nebenan lag die Konoba Kandela. Wir hatten Glück. Einen Tisch gab es noch, allerdings im Innenraum. Egal. Wir nahmen ihn. Und wir bereuten es nicht. Es gab vorab dalmatischen Pršut (Schinken) und Sir (Käse). Und anschließend für den Gatten gegrillten Tintenfisch mit Blitva und für mich Škampi na Mornarski. Der Kellner brachte mir nicht umsonst Lätzchen und Sezierbesteck. Es wurde ein Gemetzel auf meinem Teller. Ein unübertrefflich köstliches Gemetzel. Ich tunkte anschließend so lange die geniale Sauce mit Brot auf, bis kein Brot mehr da war. Und selbst da war ich nur mit Gewalt und unter lautem Schluchzen vom Tisch zu entfernen.
Diese wunderbaren Škampi, die wie niedliche, kleine Langusten aussahen, waren ein Traum, die Sauce absolut perfekt. Besser ging’s nicht. Der erste Tag auf Murter endete äußerst vielversprechend. Nachts erwischte mich zwar wieder eine Stechmücke während ich von Škampi träumte, aber das war mir dann auch egal. Völlig egal um genau zu sein.