Das Festgelage ist vorbei. Die Gläser und Teller stehen wieder alle in den Schränken. Um ganz ehrlich zu sein ging das flotter als erwartet. Und flotter als MIT Spülmaschine. Der Gatte und mein Schwager wuschen freiwillig nach jedem Gang das Geschirr ab. So blieb das übliche Day-After-Chaos fast völlig aus. Den Rest haben wir heute morgen dann auch noch erledigt. Fertisch!
Aber erstmal zum Essen. Das auf dem Foto oben ist der Tisch gegen Ende des ersten Gangs: einer zypriotischen Meze-Kombi. Vorher dachte niemand an ein Foto. Da waren alle nur hungrig. Und ich komplett durch den Wind, weil ich erst kurz vor knapp fertig geworden war mit allem, und weil ich am Ende alles, was in der Küche rumstand einfach in den HR geschoben hatte. Tür auf – rein damit! – Tür zu. Puh!
Jedenfalls gab es Salbeifleischbällchen, zweierlei Halloumi – einmal mit Kräutern paniert und einmal mit Tomatencrème in Aubergine -, dazu Tahini und ein noch vor dem Morgengrauen angesetztes Ciabatta. Die vorherigen Tests mit Oliven- und Kräuterbrötchen waren alle suboptimal verlaufen. Im letzten Augenblick schwenkte ich dann auf das Bewährte um. Nicht zypriotisch zwar, aber immerhin mediterran. Muss so gehen. Ging auch.
Ich bin wirklich immer wieder fasziniert, wie gut dieses Ciabatta-Rezept funktioniert. Ich habe es diesmal mit Trockenhefe hergestellt. Funktionierte auch perfekt.
Vor den Meze – vielleicht wurde auch deshalb das Foto vergessen… – gab es als Aperitif einen Gin Tonic, der etwas von Lavalampe hat. Inklusive Farbwechsel. Ich hätte gerne das vom Schwager aufgenommene Video hochgeladen, aber ich krieg’s nicht hin. Egal. Deshalb hier Fotos vom ersten Testlauf im September.
Der Trick? Man lässt Anchan-Blaublüten-Tee eine Weile in Gin ziehen, seiht dann alles ab und stellt den blauen Gin kalt. Beim Servieren dann Gin ins Glas, Eiswürfel rein – und möglichst pro Glas ein kleines Fläschchen Tonic Water hinstellen. So kann jeder Gast sich seinen Aaaah!-Ooooh!-Effekt selbst basteln. Bei uns gestern: Der Thomas Henry in kleinen Flaschen war ausverkauft. Ich ging mit einer Schweppes-Flasche reihum. Geht auch.
Nachdem alle den ersten Cocktail und den ersten Gang inhaliert hatten, begann ich, mich ein wenig zu entspannen. Die Herren spülten zum erstenmal. Wie sexy ist das denn?! Da kann man schon mal durchatmen.
Es folgte ein sehr überschaubarer Gang aus einer kleinen Pommes-Anna-Rosette (sehr dünne Kartoffelscheibchen, die vor dem Backen (180°C) mit geklärter Butter bepinselt, gesalzen und gepfeffert werden, zwei Streifen mit Roter Bete und Orange gebeizten Lachses und darüber einer Apfel-Sellerie-Salsa nach Tarik Rose (halber Apfel, halbe rote Zwiebel, eine Stange Sellerie – Salz und Pfeffer, Saft einer halben Zitrone – fertig!
Weiter ging es mit eine Kombination aus dem indischen Kochkurs auf Bali. Und dazu indonesische Fischbällchen. An dieser Stelle wurden zum erstenmal Stimmen laut, bei denen das Wort „satt“ Verwendung fand. Es gab Dal, Masala und Raita. Das Chapati dazu hatte ich irgendwann im Laufe des Vormittags innerlich abgehakt. War trotzdem ein schöner Gang. Mit Spülmaschine hätte ich ihn allerdings hübscher serviert – nämlich in allerlei kleinen Schälchen. So war das nämlich geplant. Das änderte aber am Ende nichts am Geschmack. Nur die Optik litt etwas. Und mein Plan war futsch. Worscht!
Wahrscheinlich wären meine beiden männlichen Spülelfen immer noch mit Abwasch beschäftigt, wenn ich es aufregender angerichtet hätte. Und da blieb nicht mal Zeit für ein wenig liebevolle Thaibasilikumgarnitur. Und auf dem Foto sieht man rechts noch die frisch abgewischte Arbeitsplatte nach dem letzten Spülgang. Da war der Fotografenteil meines Gehirns aber offensichtlich schon in die erste Fresskoma-Phase eingetreten.
Zum manierlichen Anrichten des Pasta-Gangs langte es dann aber doch noch. Auch wenn hier für mich die erste echte Enttäuschung anstand. Mit sehr viel Zeit und Mühe – und zwei Testläufen im Vorfeld – hatte ich mich an Eigelbravioli herangetraut. Riesige Ravioli. Mit einer Petersilien-Ricotta-Parmesan-Crème außenrum. Und einem rohen Eigelb in der Mitte.
Die Dinger sollten auf einem Speckrahm (von hier: High Foodality) landen, das Eigelb sollte herausfließen und sich mit der Sauce vermischen – und alle sollten verzückt sein. Soweit der Plan. Und der Plan war super!
Da ich die Dinger nicht auf den letzten Drücker machen wollte, weil mir das als zu riskant erschien, bereitete ich sie bereits vorher zu und fror sie einzeln vorsichtig ein. Ich behandelte sie praktisch wie ein rohes Ei. Hammerwitz! Es passte alles. Ich bekam sie sogar völlig unversehrt wieder aus dem Gefrierer und ließ sie langsam auftauen. Leider tauten sie zu langsam auf.
Das verunsicherte mich beim Garen derartig, dass ich sie etwa eine halbe Minute zu lange ziehen ließ. Sie waren noch weich – aber da lief nix mehr raus. Wääääähhhh!
Als Topping ist da übrigens eine Gremolata aus Haselnüssen, Zitronenzesten, Pecorino, Petersilie (lustigerweise konnte ich an Heiligabend noch frische Petersilie im Garten ernten!) und Schinkelwürfelchen drauf. Die hatte ich irgendwann schon mal verbloggt, weil ich sie als Rosenkohltopping benutzt hatte. Wenn das Eigelb noch flüssig gewesen wäre, wäre das definitiv trotz fortgeschrittenen Sättigungsgrads mein Highlight gewesen. So weinte ich nach dem Anstechen leise in mich hinein. Der Stachel saß tief.
Es folgte der Hauptgang – und mit ihm der nächste Stachel. Rehrücken und Rehfilets standen auf dem Plan. Sous vide gegart und dann kurz durch die Pfanne gezogen. Dazu eine seit Montag eingeköchelte Sauce, Käseknödelplätzchen und Rotkraut. Rotkraut… Erzähl‘ mir bloß keiner was über Rotkraut…
Vorweg: Ich mag kein Rotkraut, bin aber die einzige im Familienkreis, der das so geht. Alle anderen im Vorfeld in Erwägung gezogenen Beilagen waren wieder verworfen worden. Irgendwer mochte irgendwas immer nicht. Also dann halt Rotkraut. Hatte ich schon mal an Weihnachten, lässt sich super vorbereiten, schmeckt jedem. Schien eine sichere Sache zu sein. Doch dann bekam ich es nicht hin. Am Ende hatte ich es so lange abgeschmeckt und geköchelt, dass es braun und matschig wurde. Klingt jetzt schlimmer als es war, aber ich entschied trotzdem kurz vor dem Servieren, es lieber ersatzlos zu streichen als auf den Tisch zu bringen. Soviel dazu. Ich weiß schon, weshalb ich Rotkraut nicht mag. Und daran wird sich auch nichts mehr ändern. So jedenfalls nicht, Rotkraut!
Deshalb habe ich auch für das Foto des Hauptgangs, das gestern eher vernachlässigt wurde und auf den wenigen Handyfotos der Gäste ohne Rotkraut etwas armselig wirkte, heute aus den Resten nochmals einen Teller nachgebastelt. Mit Rosenkohl! (Gut… Ich habe beim Treppenaufstieg zum Licht ein bißchen mit der Sauce geschlabbert… Und gut… Das Fleisch ist heute etwas weniger rosa als gestern… Aber egal…) Nimm dies, Rotkraut!
Das Fleisch allerdings… Das Fleisch war mehr als genial. Unser Jäger hatte zum bestellten Rehrücken noch ein paar Rehfilets dazugepackt. Und die waren der absolute Hammer. Dazu die extrem gut gelungenen Käseknödelplätzchen – knusprig aus der Pfanne – und die Sauce. „Vive la réduction!“ sage ich dazu nur. Die war wieder nahezu perfekt. Das Rotkraut war am Ende absolut verzichtbar, zumal ohnehin alle Gäste plus Köchin bereits kurz vor dem Magendurchbruch standen.
Aber eine letzte Hürde stand uns dennoch bevor: das Dessert. Ich hatte die drei Urlaube des fast vergangenen Jahres gemeinsam auf einen Teller bringen wollen, was auch gelang. Dazu zwei Sorten Eis – Vanilla Monolog und Weinbergpfirsich-Yuzu.
Anrichten und bei gutem Licht fotografieren war an dieser Stelle allerdings bereits abgehackt. Da wurde nur noch draufgehalten und Schluss. Auf dem Teller befanden sich Imqaret aus Gozo, Portokalopita und Galaktoboureko aus Zypern und ein Stückchen Dadar Gulung aus Bali. Wir kämpften einen harten Kampf, aber wir schafften es. Irgendwann später fiel mir ein, dass die Deko aus den herrlichen exotischen Früchten, die ich erbeutet hatte, vergessen worden war. Die paar Baisercrumbles waren alles, was mir in meinem desolat-überfressen-spülmaschinenlosen Zustand noch einfiel.
Anschließend blieb nur noch ein Gedanke: Kaffee!!! Und kurz darauf ein zweiter: Schnaps!!! Und dass dann meine Mutter sich vom Gatten gar einen Springbank mit 57 straighten Umdrehungen hat aufschwatzen lassen, sagt eigentlich alles. Das war sozusagen eine medizinische Notwendigkeit.
Und nachdem heute Morgen dann auch die letzten Gläser gespült und wieder in den Schränken verschwunden waren, feierte ich Weihnachten ohne Spülmaschine mit Sting, dessen „Message in a bottle“-Sekt mir die Schwester und der Schwager aus dem Toscanaurlaub mitgebracht hatten. Geht doch!
An dieser Stelle noch einmal ein ausdrückliches „Danke!“ an meine beiden unermüdlichen Spülelfen und äußerst männlichen Spül“maschinen“. Ihr habt wirklich alles gegeben – am Tisch und am Handtuch!