Das war nur eine Woche Menorca. Es fehlen noch drei Tage. Für den ersten dieser drei Tage – Tauchen war nach wie vor nicht möglich… – hatte der Gatte eine Wanderung auf dem Camí de Cavalls für uns ausgesucht: den zweiten Abschnitt von Es Grau zum Cap de Favàritx. Wir überlegten eine Weile, wie wir die Strecke von etwa zehn Kilometern angehen sollten, ohne auf dem gleichen Weg zurück laufen zu müssen.
Das Wetter wirkte nicht sehr einladend. Wir beschlossen, das Auto in Es Grau abzustellen, dort ein Taxi nach Favaritx zu nehmen und den Weg in Gegenrichtung zu laufen. Nur mal so am Rande: Ich habe das Taxi online bestellt und auch im voraus per Kreditkarte bezahlt. Es war zehn Minuten später an der angegebenen Stelle. Es kann so einfach sein.
Das Taxi brachte uns zum Einstieg in den Camí de Cavalls, wir liefen allerdings erstmal in Gegenrichtung zum Leuchtturm am Cap de Favaritx los. Das Meer war sehr unruhig, der Wind recht stark. Spätestens am Leuchtturm war alles, das mal eine Frisur gewesen war, futsch. Egal. Ich wollte ja nicht zur Miss-Menorca-Wahl, sondern auf einen relativ einsamen Wanderweg.
Kurz vorab: Die Strecke ist toll. Sensationelle Blicke auf Meer und Küste – und der Weg selbst lässt sich auch sehr gut gehen. Die Ausschilderung mittels kleiner Pfosten ließ keinen Augenblick des Zweifels aufkommen, ob wir hier noch auf dem Weg waren. Zudem sind die Pfosten mit der Nummer des Streckenabschnitts und fortlaufendender Nummerierung versehen. Da wir den Weg in Gegenrichtung liefen, fühlte sich das wie ein Countdown an.
An dieser Stelle kurz hinter dem Einstieg in den Weg zum Beispiel war klar: Noch 118 Pfosten bis Es Grau. Mir gefiel das außerordentlich gut. Der Gatte war genervt von meiner Mitzählerei und knurrte irgendwann nur noch „Blöde Vollpfosten…“
Etwa bei Pfosten 95 begann es zu regnen. Und regnete sehr ausdauernd. Bei Pfosten 88 schließlich stellten wir uns unter einen Baum, um nicht völlig aufgeweicht den Rest des Weges zurücklegen zu müssen.
Nach einer Weile ließ der Regen nach, setze allerdings ein paar Pfosten weiter wieder ein. Da die Kamera wasserdicht im Rucksack verstaut war, trübte das die gute Laune nicht nachhaltig.
Es ging durch Wiesen, Wald und an Buchten vorbei.
Bei schönerem Wetter wäre das ein Traum gewesen. Aber auch so war das alles andere als hässlich. Sehr abwechslungsreich und – dank Regen – auch auf der zweiten Hälfte menschenleer.
Der schönste Ausblick war oberhalb der Calla de Tamarells. Man sah nach unten in die Bucht. Kurz darauf sah man schon die ersten Häuser und den Strand von Es Grau.
Den Abend verbrachten wir im Restaurant unseres Hotels. Zum Essen gab’s den passenden Wein zum Tag. Dazu testeten wir die letzte ungetestete Croquetas-Sorte mit Steinpilzen und Schinken (ausgezeichnet!). Der Gatte tafelte Spaghetti mit Meeresfrüchten, während ich mich ganz meinem John Dory aka Saint Pierre aka Petersfisch aus dem Tagesangebot widmete.
Die Wahl des Weins brachte uns noch ein Gespräch mit dem Kellner ein, der Hobbyfotograf war und von großartigen Aufnahmen bei Sonnenuntergang berichtete.
Am nächsten Morgen schien wieder die Sonne. Wir starteten mit dem Auto durch.
Zuerst gab es einen Stopp in Es Mercadal, da ich mir in den Kopf gesetzt hatte, noch Keramik nach Hause zu schleifen. Im Centre Artesanal de Menorca gibt es einen Museumsshop, in dem die besonders hübschen Schüsseln und Teller der Keramikwerkstatt Es Fangueta verkauft werden. Ich schlug unbarmherzig zu. Man sieht sie bereits auf einigen Bildern in den letzten beiden Blogposts.
Auch ansonsten ist ein Besuch im Centre Artesanal sehr zu empfehlen. Man spürt aus jedem Ausstellungsstück den Stolz der Menorquiner auf ihre Handwerkskunst – seien es Lederwaren, Trockenmauern oder eben auch Keramik. Sehr beeindruckend. Wirklich.
Das nächste Ziel war Binibèquer Vell, das „alte Binibequer“. Es gibt auf Menorca ziemlich viele Bini-irgendwas‘ – das „Bini“ ist dabei arabischen Ursprungs.
Binibèquer ist ein an Kykladendörfer erinnerndes, kleines Örtchen mit großem Busparkplatz. Seine schmalen, schattigen Gässchen sind jedoch nicht historisch gewachsen, sondern 1972 von einem Architekten – Antonio Sintes Mercadal – als Feriensiedlung geplant und erbaut worden. Es ist „künstlich“, aber wirklich sehr hübsch. Und wenn schon Feriensiedlungen, dann ist das sicher eine der wirklich netten. Ich mag mir aber nicht vorstellen, was da im Sommer los ist, wenn sich die Menschenmassen durch das Labyrinth der winzigen Gässchen schieben.
Im Anschluss liefen wir noch durch den bereits erwähnten Hafen von Maó, aßen ein Eis und genossen den Tag.
In der wirklich riesigen Bucht von Maó liegen mehrere Inseln, von denen eine, die Illa de Llazarett von 1817 bis 1917 die größte Quarantänestation des spanischen Königreichs war. Hier wurden die Besatzungen ganzer Schiffe – insgesamt in den 100 Jahren etwa 500.000 Menschen -, die unter dem Verdacht von Pest, Cholera, Gelbfieber und anderen Infektionskrankheiten standen, untergebracht.
Auf der Fortaleza Isabell II gab es zu Zeiten der Franco-Diktatur ein gefürchtetes Verbannungs- und Foltergefängnis. Während Mallorca bereits 1936 von Francos Truppen erobert worden war, wehrte sich Menorca bis zuletzt. Als letztes republikanisches Territorium wurde es erst im Februar 1939 bei der Schlacht von Menorca eingenommen. Franco hasste es. Das führte dazu, dass es keinerlei Tourismusförderung erhielt, sondern stattdessen eben ein Gefängnis für politische Gefangene. Vermutlich hat ihm das ein zweites El Arenal erspart.
Für den letzten Abend hatten wir entschieden, nochmals das „Es Cranc“ aufzusuchen. Ein würdiger Abschied sozusagen. Mein V1 brachte uns wieder den Wein. So kann man Urlaub aushalten.
Wir teilten uns eine Platte mit Queso de Mahon in verschiedenen Reifegraden, Mejillones a la marinera (Muscheln mit einer ausgesprochen köstlichen Sauce) und anschließend eine abermals riesige Paella „Es Cranc“ mit Kaninchen und allerlei Meeresgetier. Und schließlich schafften wir nach einer Pause sogar noch eine Tarta di queso (Mann) bzw. eine Crema catalana (ich). So müssten alle Tage enden.
Am nächsten Morgen dann machten wir uns nach dem Frühstück ans Kofferpacken. Der Flieger ging allerdings erst abends, sodass fast noch ein kompletter Tag Urlaub vor uns lag.
Wir fuhren als erstes zur Bucht von Binimel.là. Das darüber liegende Restaurant hätte ich am liebsten sofort einer feindlichen Übernahme unterzogen. Da hätte ich es für meine restlichen Jahre locker aushalten können. Gemüsegarten bewirtschaften, tagsüber in der Küche rumwuseln – und zwischendurch immer mal einen Blick in die traumhafte Bucht werfen, an einem kühlen Weißwein nippen und glücklich seufzen. Was braucht man schließlich mehr?!
Nachdem wir eine Weile auf einem Treibholzstamm am Strand gesessen hatten, verschob ich meine Pläne fürs Erste. Wohlgemerkt: Ich schrieb „verschob“. Nicht „gab auf“.
Anschließend sahen wir uns den Leuchtturm von Favaritx nochmal bei blauem Himmel an. Auch hübsch – aber ganz anders als zwei Tage vorher.
Auf dem Weg nach Maó gab es dann noch einen Einkaufszwischenstopp. Schließlich konnten wir nicht abreisen, ohne reichlich Queso de Mahon und Sobrasada mitzunehmen! Am Parkplatz unseres nächsten Halts stopften wir alles in die Koffer. Der Gatte rollte bereits die Augen angesichts der bevorstehenden Wiegeaktion am Flughafen.
Nun ging es nur noch zu einer Höhle, der Cova des Coloms. Auf dem Weg dorthin durchwanderten wir noch einmal eine wunderschöne Landschaft – Wiesen, Trockenmauern, ein Esel. Das letzte Stück des Wegs war allerdings sehr steil, steinig und rutschig. Ich scheiterte mit den Chucks. Der Gatte warf dann einen einsamen Blick in die Höhle und kam kurz darauf mit sehr dunklen Handyfotos zurück, um mir zu zeigen, was ich verpasst hatte.
Und dann lagen plötzlich nur noch die Abgabe des Autos und der Rückflug vor uns. Im Kleinbus beim Transfer zum Flughafen geriet ich kurz in Panik, weil ich mein Handy nicht fand. Impfpass, Ticket – alles drauf. Es tauchte dann aber gottlob doch wieder auf.
Der Flug hatte etwas Verspätung. Und als wir irgendwann kurz vor Mitternacht zu Hause eintrafen, packte ich noch den Koffer aus, um meine gesammelten Schätze in den Kühlschrank zu packen bzw. auf Transportschäden zu überprüfen. Alles noch heil! Und wir hatten am Ende auch nur ein Pfund Übergepäck gehabt, das man durchgewunken hatte. Puh!
Und weil ich in den letzten Tagen bereits einiges ausprobiert habe, das wir im Urlaub auf den Tellern hatten, gibt es zum Abschluss auch noch ein Rezept für die köstlichen frittierten Ravioli mit Sobrasada-Füllung und Honig.
Zutaten
für den Pastateig:
- 75 g Mehl Type 550
- 30 g Semola Rimacinata ersatzweise Hartweizengrieß
- 1 Ei
- 1 Eigelb
- Salz
für die Füllung:
- Sobrasada
zum Ausbacken:
- neutrales Pflanzenöl
zum Servieren:
- Honig möglichst flüssig
Anleitung
- Teigzutaten zu einem kompakten Pastateig verkneten, zu einer Kugel formen und etwa eine Stunde in Folie ruhen lassen.
- Anschließend portionsweise mit der Pastamaschine dünn auswalzen. Sobrasada stückchenweise darauf verteilen. Mit einem zweiten Teigblatt abdecken und in kleine Ravioli schneiden.
- Ravioli in kochendem Salzwasser angaren. Abtropfen lassen.
- Derweil Öl erhitzen und abgetropfte Ravioli darin schwimmend ausbacken.
- Zum Servieren mit Honig beträufeln.
Es gab sie zweimal. Leider ist nach den Croquetas und den Ravioli nun die erste Sobrasada fast aufgebraucht. Eine habe ich noch. Zu Spargel passte das übrigens auch ganz hervorragend als Beilage – einmal mit Senfsauce, einmal mit Bärlauchsauce.
A reveure, Menorca! Du hast uns wirklich gut gefallen.
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